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Spektakuläre Entscheidungen vom Bundesgerichtshof: Negativzinsen auf Spar- und Festgeldkonten müssen von den Banken zurückgezahlt werden! Urteile vom 4.2.2025 – XI ZR 61/23, XI ZR 65/23, XI ZR 161/23 und XI ZR 183/23

Aufatmen für geschädigte Bankkunden, die in den Jahren der Niedrigzinsphase hohe Verwahrentgelte – sogenannte Negativzinsen – von ihren Banken auferlegt erhalten haben! Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass dies bei Spar- und Festgeldkonten mit untergeschobenen Klauseln unzulässig ist, da Guthaben auf Sparkonten und auf Festgeldkonten der Bank überlassen werden, damit sie sicher und der Höhe nach unangetastet bleiben und zusätzlich Zinserträge bringen.

Wie der Bundesgerichtshof in seiner heutigen Presseerklärung Nr. 026/25 vom 4.2.2025 mitteilt, hat der u.a. für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit vier Urteilen vom 4. Februar 2025 entschieden, dass die von verschiedenen Banken und einer Sparkasse gegenüber Verbrauchern verwendeten Klausen zu Entgelten für die Verwahrung von Einlagen auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten unwirksam sind. Er hat in dem Verfahren XI ZR 161/23 außerdem entschieden, dass die von einer Bank gegenüber Verbrauchern verwendeten Klauseln zu Entgelten für die Ausstellung einer Ersatz-BankCard und einer Ersatz-PIN unwirksam sind.

In den vier Verfahren ging es um Klauseln von Sparkassen und Banken, die in ihren Preis- und Leistungsverzeichnissen Klauseln verwendet haben, die dem Ziel dienten, von den Kunden oberhalb von Freibeträgen unterschiedlich hohe Verwahrentgelte einzubehalten. Im Verfahren mit dem Aktenzeichen XI ZR 61/23 verlangte die beklagte Sparkasse oberhalb eines Guthabens von EUR 5.000,00 als Freibetrag ein Verwahrentgelt von 0,70 % pro Jahr auf den auf den Privatgirokonten für Neukunden ab dem 1.1.2020 befindlichen Guthabensbetrag. Im Verfahren mit dem Aktenzeichen XI ZR 65/23 verlangte die beklagte Bank oberhalb eines Freibetrags-Guthabens von EUR 10.000,00 ein Verwahrentgelt von 0,50 % pro Jahr auf den auf den Privatkonten ab dem 1.4.2020 befindlichen Guthabensbetrag als Einlagenbetrag, weitere Verwahrentgelte wurde für andere Kontotyparten und Anlageformen für Sparbeträge angesetzt, teilweise wurde zwischen Neukunden und Bestandskunden bei der Bepreisung unterschieden und es wurden in einem Fall den Bestandskunden ab Anfang 2021 „monatliche Guthabensentgelte“ auferlegt. Die weiteren Verfahren betrafen ähnliche Konstellationen im Bereich von Sparkonten, Festgeldanlagen und Girokonten.

Rückholung von Negativzinsen: Fachanwalt für Bankrecht setzt Ihre Forderung durch

Wie der Bundesgerichtshof in seiner Presseerklärung 026/25 vom 4.2.2025 ausführt, unterliegen die Forderungen von Banken bezüglich Negativzinsen, also Verwahrentgelten für Einlagen auf Tagesgeldkonten (XI ZR 161/23) und für Spareinlagen (XI ZR 183/23) einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil sie die von der Bank geschuldete Hauptleistung abweichend von der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung verändern. Sie halten der Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen und die Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Einlagen auf Tagesgeldkonten und Sparkonten dienen nicht nur der sicheren Verwahrung von Geldern, sondern darüber hinaus auch Anlage- und Sparzwecken. Wer sein Geld einer Bank gibt, um das Geld zu sparen, rechnet nicht damit, dass die Bank auf einmal Teile des Guthabens beansprucht mit der Argumentation, es müssten Verwahrentgelte bezahlt werden. Dies widerspricht diametral der Erwartung von Sparern, die die ihr Geld zu deswegen einer Bank überlassen haben, um Zinsen zu erhalten. Die Banken können sich dabei auch nicht herausreden mit der Argumentation, dass die Kreditinstitute im Euroraum im Zeitraum vom 11. Juni 2014 bis 26. Juli 2022 auf bestimmte Einlagen, die sie bei ihrer nationalen Zentralbank unterhielten, “negative Zinsen” zu zahlen hatten.

Bei Girokonten, so der Bundesgerichtshof, können Bankkunden die von der Bank einbehaltenen Verwahrentgelte, Guthabensentgelte oder Negativzinsen dann zurückfordern, wenn die Berechnungsmethode im Preis- und Leistungsverzeichnis nicht vorab klar und gut verständlich  für eine durchschnittliche Verbraucherperson dargestellt sind, was für die Banken schwierig ist, da sich der Guthabensstand bei Girokonten mit täglichen Zahlungseingängen und Zahlungsausgängen ja mehrfach täglich ändert, so dass es aus anwaltlicher Sicht meistens mehrere sehr gute Argumente gibt, um von der Bank die Rückerstattung an den Bankkunden oder die Bankkundin zu verlangen. Auch hier haben Bankkunden und Bankkundinnen als Verbraucher und Verbraucherinnen vielfach also sehr gute Chancen auf die Rückzahlung ihrer bezahlten Negativzinsen auf Guthaben auf ihrem Girokonto.

Prüfung Ihrer rechtlichen Möglichkeiten vom Fachanwalt für Bankrecht

Zu Unrecht gezahlte Negativzinsen können Kunden und Kundinnen von ihrer Bank oder Sparkasse nunmehr endlich wie seit Jahren von Verbraucherschutz- und Bankrechtsfachanwälten gefordert zurückverlangen, wenn die Bank oder die Sparkasse gegen die Anforderungen des Bundesgerichtshofes an wirksame Klauseln in ihren Preis- und Leistungsverzeichnissen verstoßen haben oder Berechnungsmethoden zu Verwahrentgelten in ihren Klauseln nicht transparent erläutert haben oder Berechnungen falsch durchgeführt haben. Wollen Sie wissen, ob Ihre Bank die strengen Anforderungen des Bundesgerichtshofes beachtet hat? Wenn Sie Fragen im Zusammenhang mit Ihrer Bank und Ihren Giro-, Tagesgeld-, Festgeld- und Kreditkonten rund um Verwahrentgelte und um die Rückforderung von Negativzinsen oder zu anderen Themen haben und sonstige Themen bei Ihren Kapitalanlagen Klärungsbedarf Sie bewegen, prüfen wir für Sie schnell und lösungsorientiert die rechtlichen Möglichkeiten und vertreten Ihre rechtlichen Interessen und setzen professionell und engagiert Ihre Rechte durch!

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Schockanruf vom Betrüger – Barauszahlung von der Bank: Urteil des Landgerichts Bonn vom 7.8.2024 zum Aktenzeichen 2 O 112/24

Haben Banken eine Prüf-, Warn- und Schutzpflicht auf Plausibilität, wenn eine 59-jährige Bankkundin unter dem Eindruck eines Drohtelefonats mit dem „Enkeltrick“ erstmals EUR 25.000,00 als Bargeldauszahlung wünscht, nur weil die Kundin „nervös und aufgelöst“ wirkt? Mit dieser Frage hatte sich das Landgericht Bonn in seinem Urteil vom 7.8.2024 zum Aktenzeichen 2 O 112/24 zu befassen.

In der Veröffentlichung des Entscheidungstextes des Urteils in der Rechtssprechungsdatenbank der Justiz Nordrhein-Westphalen heißt es (letzter Abruf am 26.1.2025):Die Beklagte hat mit der Auszahlung der 25.000,00 EUR am 18.07.2023 in bar an die Klägerin keine dieser gegenüber bestehende (neben-)vertragliche Pflicht verletzt. Sie war vielmehr nach § 675o Abs. 2 BGB zur Ausführung des ihr von der Klägerin erteilten Zahlungsauftrages gesetzlich verpflichtet. Wegen der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge bei Giroverträgen – auch bei Bargeldauszahlungen am Schalter – ist es gemeinhin anerkannt, dass sich ein Zahlungsdienstleister in der Regel auf eine rein formale Prüfung des Inhalts, ob der ihm erteilte Auftrag seinem äußeren Erscheinungsbild nach in Ordnung ist, beschränken darf. Daran bestehen vorliegend keine Zweifel. Ebenso ist anerkannt, dass in Ausnahmefällen Warn- und Hinweispflichten des Zahlungsdienstleisters bestehen können. Diese sind jedoch auf solche Fälle beschränkt, in denen es Treu und Glauben nach den besonderen Umständen des Einzelfalls gebieten, vor Ausführung des Auftrags vorherige Rücksprache mit dem abhebewilligen Bankkunden zu halten, um diesen vor einem möglicherweise drohenden Schaden zu bewahren. Um einerseits die Banken nicht übermäßig zu belasten und um andererseits Bargeldabhebungen (auch für die Bankkunden) nicht übermäßig zu erschweren, beschränken sich die Warn- und Hinweispflichten auf objektive Evidenz aufgrund massiver Verdachtsmomente; zusätzliche Prüfungspflichten sollen gerade nicht begründet werden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 23.06.2022, Az.: 18 U 8/21, Rn. 59 unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH in seinen Urteilen vom 22.06.2004, XI ZR 90/03, NJW-RR 2004, 1637, 1638; sowie vom 06.05.2008, XI ZR 56/07, NJW 2008, 2245, 2246, Rn. 15 f.). Wenn nun eine Bankkundin – mag sie auch einen nach dem klägerischen Vortrag unterstellten nervösen und aufgelösten Eindruck vermitteln – am Schalter die Barauszahlung eines hohen Betrages verlangt, hat die Bank ohne Hinzutreten weiterer, außergewöhnlicher Umstände die Motivation für die Abhebung nicht zu hinterfragen. Im Gegenteil ist sie aus dem Girovertrag ihrer Kundin gegenüber zur Ausführung des Auftrags verpflichtet, § 675o Abs. 2 BGB (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 24.01.2024, Az.: 3 O 340/23, juris unter Verweis auf BGH, Urteil vom 19.09.2023, XI ZR 343/22, NJW 2023, 3719, 3721, Rn. 24). Auch aus den von der Klägerin behaupteten – und hier ohne Beweisaufnahme unterstellten – Gesamtumständen musste sich der Beklagten bzw. ihren Mitarbeitern nicht aufdrängen, dass die Abhebung des Geldbetrages nicht aus freien Stücken erfolgte. Insofern dürfte es zunächst kaum ungewöhnlich sein, dass eine Bankkundin ihre PIN bei der Bargeldabhebung (mehrfach) falsch eingibt und zunächst – im Mobiltelefon oder an anderer Stelle – nach dieser suchen muss. Dies dürfte vielmehr täglich in Bankfilialen passieren. Ebenso wie die Bereitstellung eines Briefumschlages für den Transport als Serviceleistung, weil Kunden keine Tasche o.ä. bei sich führen. Zudem ist zu beachten, dass es sich bei der noch keine sechzig Jahre alten Klägerin auch keineswegs um eine offensichtlich in Bankangelegenheiten hilfsbedürftige Hochbetagte handelt. Hinzu tritt, dass am Tag vor der Barauszahlung von 25.000,00 EUR noch eine weitere Auszahlung über immerhin 9.000,00 EUR von dem klägerischen Konto mit dem Verwendungszweck ‚Makler‘ vorgenommen wurde. Insofern handelte es sich bei der Abhebung von 25.000,00 EUR keineswegs um eine gänzlich ungewöhnliche Bewegung auf dem klägerischen Konto. Da die Klägerin in der Filiale in Bonn auch nicht bekannt war, wäre den Mitarbeitern der Beklagten alleine ein Blick in den Kontoauszug möglich gewesen. Weitere Kenntnis von der Klägerin und deren Zahlungsverhalten aus persönlicher Anschauung, hatten diese nicht. Insofern legt der hiesige Sachverhalt im Detail noch weniger eine Pflicht zur Nachfrage nahe, als der von dem Landgericht Dortmund (Urteil vom 24.01.2024, Az.: 3 O 340/23, juris) entschiedenen Sachverhalt, zu dem die dortige Klage abgewiesen wurde. Dieses Urteil hat zwar Kritik von Lang/Hofauer (in: BKR 2024, 323) erfahren, der dafür plädiert, ausnahmsweise eine Pflicht der Bank zur Nachfrage anzunehmen, wenn eine Kundin ‚(1) Mitte 60 ist, (2) zu keinem Zeitpunkt höhere Beträge als 300,00 € von ihrem Konto abgehoben hat und (3) bei der gegenständlichen Transaktion sichtlich nervös war‘. Vorliegend mangelt es jedenfalls an den ersten beiden von Lang aufgeführten Kriterien, so dass auch unter Anlegung der strengeren Maßstäbe von Lang hier keine Pflichtverletzung der Beklagten anzunehmen wäre. Es geht hier nicht um die Barauszahlung an einen Nichtberechtigten. Die Klägerin war vielmehr voll geschäftsfähige Kontomitinhaberin und als solche berechtigt, Bargeld – auch in dieser Höhe – abzuheben (vgl. dazu Zahrte in: BKR 2024, 593). Der Schaden entstand hier auch nicht bereits mit der eigentlichen Bargeldabhebung, sondern erst mit der Weitergabe des Geldes an den nichtberechtigten Betrüger. Der innere Beweggrund der Klägerin für die Abhebung des Geldes ist gerade nicht nach außen hervorgetreten und war damit für die Beklagte bzw. deren Mitarbeiter auch nicht erkennbar. Es würde die oben näher beschriebenen Prüf-, Warn- und Schutzpflichten von Kreditinstituten überspannen, wollte man ihnen abverlangen, jede – und sei es: erstmalige – Abhebung eines hohen Bargeldbetrages durch einen älteren – und sei es: nervös wirkenden – Menschen auf Plausibilität zu überprüfen.“

Prüf-, Warn- und Schutzpflichten einer Bank – Verdachtsmomente im bargeldlosen Geldverkehr

Bei allen Ausführungen von Zahlungen muss die Bank stets ein „redlicher bzw. gutgläubiger „Zahlungsmittler“ sein, vergleiche statt vieler die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 5.2.2009 zum Aktenzeichen B 13 R 87/08 R und die grundlegenden Ausführungen des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 7.2.2019 zum Aktenzeichen IX ZR 47/18, welche Pflichten Banken bei Verdachtsmomenten im bargeldlosen Geldverkehr, also z.B. bei Überweisungen oder Lastschriften, haben: „a) Allerdings trifft ein Kreditinstitut, wenn auf Grund massiver Verdachtsmomente objektiv evident ist, dass ein Kunde bei der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr zum Schaden eines anderen Kunden eine Veruntreuung begehen will, diesem anderen Kunden gegenüber insbesondere dann eine Warnpflicht, wenn der Täter in einer dem Missbrauch der Vertretungsmacht vergleichbaren Weise als mittelbarer Stellvertreter des zu warnenden Kunden handelt (BGH, Urteil vom 6. Mai 2008 – XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 15; vom 22. Juni 2010 – VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 18). aa) Diese Voraussetzungen können auch erfüllt sein, wenn ein Insolvenzverwalter Zahlungsaufträge (§ 675f Abs. 4 Satz 2 BGB) für ein bei einem Kreditinstitut geführtes Insolvenz-Sonderkonto erteilt, das entweder auf seinen Namen als Partei kraft Amtes einer bestimmten Insolvenzmasse oder auf den Namen des Schuldners lautet (fortan: Sonderkonto; vgl. Jaeger/Eckardt, InsO, § 149 Rn. 47; Schulte-Kaubrügger, ZIP 2011, 1400, 1402). Erforderlich ist, dass der Zahlungsauftrag des Insolvenzverwalters für ein solches Sonderkonto objektiv evident insolvenzzweckwidrig ist und sich der Bank aufgrund der Umstände des Einzelfalls ohne weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen mussten (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353, 361 mwN; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 9. Aufl., Rn. 2.240; BK-InsO/ Kießling, 2007, § 149 Rn. 23; Vortmann, BKR 2007, 449, 452 f; ebenso BGH, Urteil vom 22. Juni 2004 – XI ZR 90/03, ZIP 2004, 1742, 1744 zum objektiv evidenten Missbrauch der Vertretungsmacht). bb) Dies verpflichtet die Bank nicht, Kontobewegungen auf einem Sonderkonto in der Insolvenz allgemein und ohne besondere Anhaltspunkte zu überwachen. Maßgeblich ist, ob die Bank ohne nähere Prüfung im Rahmen der normalen Bearbeitung eines Zahlungsverkehrsvorgangs auf Grund einer auf massiven Verdachtsmomenten beruhenden objektiven Evidenz den Verdacht einer Veruntreuung schöpft (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2008 – XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 16). Danach handelt eine Bank pflichtwidrig, wenn ihr zum einen im Zeitpunkt der Verfügung über das Kontoguthaben aufgrund der Gesamtumstände bekannt sein muss, dass Gläubigerausschuss, Insolvenzgericht oder Gläubigerversammlung die Bank gemäß § 149 InsO als Hinterlegungsstelle bestimmt haben oder dass das bei ihr eingerichtete Sonderkonto – auch ohne förmliche Bestimmung einer Hinterlegungsstelle – dazu dient, in der Art einer Hinterlegungsstelle die zu Gunsten der verwalteten Masse eingehenden Gelder zu sammeln. Hierzu kann es insbesondere genügen, wenn der Insolvenzverwalter die Hinterlegungsstelle eingerichtet hat und dies der Bank nach den Gesamtumständen bekannt sein muss. Zum anderen muss sich der Bank nach den Gesamtumständen aufdrängen, dass es sich um einen objektiv evident insolvenzzweckwidrigen Zahlungsauftrag handelt, weil die Art der Verfügung mit der Eigenschaft des Sonderkontos als Hinterlegungskonto oder Anlagekonto für Massegelder in einem Insolvenzverfahren offensichtlich unvereinbar ist. Dies ist typischerweise der Fall, wenn der Insolvenzverwalter zu seinen Gunsten über nahezu das gesamte Guthaben auf einem der Bank erkennbar in der Art einer Hinterlegungsstelle geführten Sonderkonto verfügt, ohne dass hierfür triftige Gründe nachvollziehbar genannt werden (vgl. Kuder, ZInsO 2009, 584, 589; MünchKomm-InsO/Füchsl/Weishäupl/Jaffe, 3. Aufl., § 149 Rn. 26).

Fachanwaltliche Rechtsdurchsetzung gegenüber Banken

Wollen Sie wissen, ob Ihre Bank Sorgfalts-, Prüf-, und Warnpflichten beim Umgang mit Ihrem Geld verletzt hat? Verweigert Ihre Bank die Erstattung von Geldbeträgen, die Betrüger sich angeeignet haben? Wenn Sie Fragen im Zusammenhang mit Ihrer Bank und Ihren Giro-, Tagesgeld-, Festgeld- und Kreditkonten und Ihren Kapitalanlagen haben, prüfen wir für Sie schnell und lösungsorientiert die rechtlichen Möglichkeiten und vertreten Ihre rechtlichen Interessen und setzen professionell und engagiert Ihre Rechte durch!

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Persönliche Haftung des Geschäftsführers wegen Kapitaleinwerbung ohne Erlaubnis nach § 32 KWG bei Nachrangdarlehen gemäß des Urteils vom Oberlandesgericht Dresden vom 25.4.2024 zum Aktenzeichen 8 U 514/23

Ein Geschäftsführer einer Anlagegesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG warb ohne Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gemäß § 32 KWG verbotenerweise Anlegergelder mit einem Rückzahlversprechen im Prospekt ein, wobei die qualifizierte Nachrangabrede bewusst intransparent und unverständlich für die Kunden im Sinne von § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB gewesen ist. Unter eine „qualifizierten Nachrangabrede“ bei einem Darlehen versteht man eine Vereinbarung, die sehr anlegernachteilig und verbraucherfeindlich ist, denn die Anlegerperson als Darlehensgeberperson soll sich dabei verpflichten, bei einer Insolvenz der Anlagegesellschaft nicht klassisch nach § 38 Insolvenzordnung die eigenen Schadensforderungen, insbesondere den eingezahlten Darlehensbetrag und fehlende Zinsen sowie Nebenkosten geltend zu machen, sondern nur ein nachrangiger Gläubiger nach § 39 InsO zu sein, der in vielen Fällen bei einer geringen Insolvenzmasse dann gar keine quotale Ausschüttung erhält. Da diese Abrede hier so unklar formuliert war, denn im Prospekt stand überall „Darlehen“, was nach einem klassischen Darlehen klang, damit die Anlegerpersonen den großen Nachteil nicht merkten, hat das Oberlandesgericht Dresden einem klagenden Kapitalanleger einen Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer der Anlagegesellschaft persönlich zugesprochen.

Das Oberlandesgericht Dresden führt in seinem Urteil vom 25.4.2024 zum Aktenzeichen 8 U 514/23 aus: „Der im Prospekt abgedruckte ‚Darlehensvertrag‘ regelte in § 1 Abs. 1, dass der Anleger dem Darlehensnehmer ein ‚nachrangiges und unbesichertes Darlehen‘ gewährt. In § 9 des Darlehensvertrags finden sich unter der Überschrift ‚Nachrangigkeit‘ nähere Rückzahlungsregelungen, auf deren Inhalt verwiesen wird. (…) Der Beklagte fungierte in einer Vielzahl zur sog. U……-Gruppe gehörender Gesellschaften als Geschäftsführer. Er war in den Jahren 2013 bis 2018 auch Geschäftsführer der Komplementärin der U…… IV GmbH & Co. KG. Seit Herbst 2020 beanstandete die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gegenüber mehreren Anlagegesellschaften der U……-Gruppe, dass die ohne bankaufsichtsrechtliche Erlaubnis vorgenommene Einwerbung von Nachrangdarlehen infolge einer fehlenden Deutlichkeit der gegenüber Anlegern verwendeten vorformulierten Nachrangklauseln unzulässig sei; ab dem Jahr 2021 erließ die BaFin gegenüber mehreren Anlagegesellschaften Einstellungs- und Abwicklungsverfügungen nach § 37 Abs. 1 KWG. Vor diesem Hintergrund wurde am 12.09.2022 auch das Insolvenzverfahren über das Vermögen der U…… IV GmbH & Co. KG eröffnet (401 IN 1269/22 – Amtsgericht Leipzig). Eine Rückzahlung des von der Klägerin gewährten Darlehens erfolgte nicht.“

32 Absatz 1 Satz 1 KWG ist ein Schutzgesetz zum Schutz der Anleger

Das Oberlandesgericht Dresden schreibt weiter in seinem Urteil vom 25.4.2024 zum Aktenzeichen 8 U 514/23, dass der Geschäftsführer persönlich hafte,  dass die Anlagegesellschaft mit dem auch an Kleinanleger gerichteten Angebot von qualifizierten Nachrangdarlehen unerlaubte Einlagengeschäfte betrieben hat. Als Geschäftsleiter habe er entgegen der landgerichtlichen Auffassung schuldhaft eine Schutzgesetzverletzung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB begangen und vor diesem Hintergrund der Klägerin den entstandenen Zeichnungsschaden zu ersetzen: „1. Es entspricht im Ausgangspunkt ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG ein Schutzgesetz zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers im Sinne des § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB darstellt, sodass eine Verletzung der Erlaubnispflicht unter Berücksichtigung der in § 54 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 KWG vorgesehenen Strafbewehrung eine deliktische Einstandspflicht der emittierenden Anlagegesellschaft und entsprechend § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB des verantwortlichen Leitungsorgans begründen kann (BGH, Urteil vom 15.05.2012 – VI ZR 166/11, juris Rn. 11; Urteil vom 19.03.2013 – VI ZR 56/12, juris Rn. 11; Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 156/18, juris Rn. 12; Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 17).“

Fachanwalt für Bankrecht und Kapitalmarktrecht hilft bei Nachrangdarlehen

Qualifizierte Nachrangklauseln, so das Oberlandesgericht Dresden, seien vor diesem Hintergrund „insbesondere nur dann hinreichend transparent, wenn aus ihnen die Rangtiefe, die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre, deren Dauer und die Erstreckung auf die Zinsen klar und unmissverständlich hervorgehen (BGH, Urteil vom 06.12.2018 – IX ZR 143/17, juris Rn. 36; Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 156/18, juris Rn. 23; Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 25; Poelzig, WM 2014, 917, 926 f.; Gehrlein, WM 2017, 1385, 1387 f.). Im Hinblick auf die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre gelten dabei besondere Anforderungen. Erforderlich ist einerseits, die Voraussetzungen der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre hinreichend deutlich zu erläutern. Die Klausel muss vor allem klarstellen, inwieweit die Ansprüche aus dem Darlehen bereits dann nicht mehr durchsetzbar sind, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Leistungsverlangens bereits zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder dies zu werden droht (BGH, Urteil vom 06.12.2018 – IX ZR 143/17, juris Rn. 36; Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 24). Es bedarf für einen Verbraucher genauer Beschreibungen und Erläuterungen (BGH, Urteil vom 06.12.2018 – IX ZR 143/17, juris Rn. 42; Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 24). Andererseits ist es geboten, die Rechtsfolgen und Wirkungen einer vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre klar und unmissverständlich zu veranschaulichen. Dies bedingt, die rechtliche Tragweite der Nachrangabrede und die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Risiken zu erläutern (BGH, Urteil vom 06.12.2018 – IX ZR 143/17, juris Rn. 39; Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 156/18, juris Rn. 24; Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 23 f.). Hierzu gehört zunächst, dass die Wesensänderung der Geldhingabe vom bankgeschäftstypischen Darlehen mit unbedingter Rückzahlungsverpflichtung hin zu einer unternehmerischen Beteiligung mit einer eigenkapitalähnlichen Haftungsfunktion deutlich zu Tage treten muss (BGH, Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 23; vgl. BaFin-Merkblatt aus März 2014, NZG 2014, 379, 381). Darüber hinaus ist das über das ohnehin bestehende allgemeine Insolvenzausfallrisiko hinausgehende unternehmerische Geschäftsrisiko, das sogar über das Beteiligungsrisiko eines Gesellschafters hinausreichen kann (BGH, Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 156/18, juris Rn. 26; BaFin-Merkblatt aus März 2014, NZG 2014, 379, 381), in geeigneter Weise offenzulegen (BGH, Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 23). Dabei müssen sich die besonderen Risiken in ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Tragweite klar und verständlich erschließen (BGH, Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 156/18, juris Rn. 24). Vor allem ist zu verdeutlichen, dass es zu einer dauerhaften Aussetzung jeglicher Tilgungs- und Zinszahlungen kommen kann (BGH, Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 156/18, juris Rn. 26 f.). (2) Gemessen an diesen Maßstäben genügt die streitgegenständliche qualifizierte Nachrangklausel in § 9 des Darlehensvertrags auch unter Berücksichtigung der aktenkundigen Zeichnungs- und Prospektunterlagen nicht den Transparenzanforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Einem juristisch und kaufmännisch nicht vorgebildeten Durchschnittskunden werden die rechtliche Tragweite der getroffenen Nachrangabrede und die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile nicht in ausreichendem Maße verdeutlicht. Dies gilt vor allem in Bezug auf die Vertragsbedingungen zur vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre, mithin die Ausgestaltung der Tilgungs- und Zinszahlungsbedingungen außerhalb eines Insolvenzverfahrens. (a) Es mangelt im Ausgangspunkt bereits an einer für durchschnittliche Verbraucher verständlichen Beschreibung des angebotenen Anlageprodukts als qualifiziertes Nachrangdarlehen, die eine einfache und greifbare Erfassung des besonderen Vertragscharakters ermöglichen könnte. Die der Klägerin angebotene Vereinbarung ist mit dem Begriff ‚Darlehensvertrag‘ überschrieben. Der Zeichnungsschein richtet sich nach seiner Überschrift auf ein ‚Darlehensangebot‘ der U…… IV GmbH & Co. KG. Auch im Übrigen findet die Formulierung ‚Darlehen‘ sowohl im Darlehensvertrag als auch im Verkaufsprospekt wiederholte Verwendung, was der Beklagte als teils bewusste Entscheidung eingeräumt hat. Mit dieser Vorgehensweise wurde gegenüber durchschnittlichen Kunden eine unbedingte Rückzahlbarkeit (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB) suggeriert. Weder dem Darlehensvertrag noch dem Verkaufsprospekt ist eine zusammenfassende und erläuternde Beschreibung des qualifizierten Nachrangdarlehens, einschließlich der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre, zu entnehmen.“

Wenn Sie Fragen im Zusammenhang mit gezeichneten Nachrangdarlehen und den in Betracht kommenden Haftungsgegnern haben, kontaktieren Sie uns! Gerne prüfen wir für Sie schnell und lösungsorientiert die rechtlichen Möglichkeiten und vertreten Ihre rechtlichen Interessen und setzen professionell und engagiert Ihre Rechte durch!

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Erfolgreiches Bankkunden-Urteil des Landgerichts Hamburg vom 29.6.2023 zum Aktenzeichen 330 O 127/22 nach Schließfach-Aufbruch

In Hamburg wurden nacheinander verschiedene Schließfachräume der Hamburger Sparkasse von Straftätern überfallen und ausgeraubt. Obgleich aus dem Überfall auf eine andere Filiale der Hamburger Sparkasse bekannt war, wie professionell die Täter mit Vor-Ort-Wissen vorgehen und welche Schutzmaßnahmen als „Hochrisiko“-Standard einzurichten waren, hatte die Bank in der betroffenen Filiale im Jahr 2021 keine ausreichenden technischen und praktischen Sicherheiten nachgerüstet und berief sich darauf, dass sie in ihren Schließfachbedingungen eine Haftungsbegrenzung in Höhe von EUR 40.000,00 für derartige Schadensfälle habe. Nachdem die Straftäter in der streitgegenständlichen Filiale ebenfalls professionell vorgegangen waren und von 1.200 Schließfächern insgesamt 650 Schließfächer aufgesprengt hatten, verlangte der Kläger in der Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 29.6.2023 zum Aktenzeichen 330 O 127/22 die Erstattung von EUR 150.000,00, die sich nach der Auflösung eines entsprechenden Sparbuchs in bar im Schließfach befunden hatten. Die Bank zahlte zunächst nur EUR 40.000,00 aus. Das Landgericht Hamburg hat dem Kunden gemäß der §§ 280, 249, 398 BGB den vollen Schadensersatz in Verbindung mit dem Vertrag über die Vermietung eines Schrankfaches zugesprochen, so dass er die restlichen EUR 110.000,00 auch erhalten hat. Die Haftungsbeschränkung in den Schließfach-Vermietungsbedingungen auf eine Ersatzsumme bis zu EUR 40.000,00 sei nach § 309 Nr. 7 BGB (Haftungsausschluss nicht bei grobem Verschulden) unwirksam.

Schliessfächer müssen auf dem aktuellen technischen Sicherheitsstand sein

Das Landgericht Hamburg führt in seiner Entscheidung gemäß der Veröffentlichung in der Datenbank Landesrecht Hamburg, letzter Zugriff am 26.1.2025, aus: „Bei dem in Rede stehenden Vertrag über die ‚Vermietung eines Schrankfaches‘ vom 30.4.2021 handelt es sich um einen Mietvertrag (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2012 – 24 U 193/11, Juris, Rz. 33 ff.; Klanten in: Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 48, Rz. 3; Bunte/Zahrte, AGB-Banken, AGB-Sparkassen, Sonderbedingungen, 6. Aufl., 4. Teil, IX, A.I., Rz. 1a). b) Die Hauptleistungspflicht der Beklagten bestand darin, dem Zeugen T. das Schrankfach auf unbestimmte Zeit zum Gebrauch zu überlassen. Darüber hinaus schuldete die Beklagte die Zurverfügungstellung eines Schrankfaches, das den besonderen Sicherungsbedürfnissen des Kunden Rechnung trägt und vor schädlichen Einwirkungen wie u.a. Diebstahl geschützt ist. Dass der Kunde als Mieter dabei eine besondere Sicherheit für die von ihm in das Schließfach eingelegten Gegenstände erwartet, die er bei einer anderweitigen Lagerung in Privat- oder Geschäftsräumen selbst bei besonderer Sicherung (beispielsweise in Tresoren) regelmäßig nicht erreichen kann, weil schon die Gebäude- und Raumsicherung bei Banken meist erheblich ausgeprägter ist und einen höheren Schutz vor Entwendung bietet (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O., Rz. 34), war eine auch hier für die Beklagte erkennbare Erwartungshaltung. Denn ausweislich ihrer ‚Bedingungen für die Vermietung von Schrankfächern‘ (Anlage B3) sah sie sowohl ein gesondertes Verschlusssystem wie auch erhöhte Sorgfaltspflichten des Kunden für die Nutzung und Aufbewahrung des Schlüssels für das Mietfach vor, als auch eine Haftung ihrerseits für einen Betrag von € 40.000,00 im Falle von insbesondere Einbruchdiebstahl. Dadurch hat sie zu verstehen gegeben, dass es aus ihrer Sicht nicht unüblich ist, dass Kunden besonders zu sichernde Gegenstände im Wert von mindestens € 40.000,00 in einem Schließfach aufbewahren. Ein auf diese Weise erhöhtes Sicherungsbedürfnis des einzelnen Mieters hat sie damit akzeptiert und muss ihre Schutzmaßnahmen daran messen lassen. Insoweit prägen den Mietvertrag die Besonderheiten eines Schließfach- bzw. Schrankfachvertrages unter dem Aspekt der erwarteten höheren Sicherheit und die aus ihm folgenden Verpflichtungen der Bank über das gesetzliche Maß hinaus (OLG Düsseldorf, aaO, Rz. 37). Die Beklagte schuldete vor diesem Hintergrund die sog. tresormäßige Sicherung, d.h. die Bewachung und Sicherung der Schrankfachanlage, wobei die Sicherung die Schrankfachanlage selbst betrifft, die nach dem anerkannten – also sich fortentwickelnden – Stand der Technik ausgestattet sein muss (vgl. OLG Düsseldorf, aaO, Rz. 37; Klanten in: Ellenberger/Bunte, aaO, Rz. 5 mwN). Wie die Beklagte in rechtlicher Hinsicht zutreffend anführt, kann dieser anerkannte, sich fortentwickelnde Stand der Technik nicht vor jeglichen denkbaren Gefahren schützen. Einen solchen Maßstab anzulegen überspannte die von der Beklagten zu fordernde Sicherungspflicht auch mit Blick auf die berechtigten Sicherungserwartungen ihrer Kunden (s.o.). Diese können und müssen daher nur insoweit Berücksichtigung finden, als sie sich an den konkreten Gegebenheiten orientieren und von einem umsichtigen und informierten Schließfachkunden ausgehen. Art und Umfang der konkret vorzuhaltenden Sicherungsvorkehrungen haben sich daneben auch daran zu orientieren, ob für die Sicherheit der Schrankfachanlage über die allgemeinen Risiken hinaus spezifische Risiken bestehen, deren Verwirklichung durch zumutbare Maßnahmen begegnet werden kann. Der von der Beklagten ins Feld geführte Maßstab, der anerkannte Stand der Technik müsse vor den im Einzelfall üblicherweise zu erwartenden Gefahren schützen, ist daher mit den vorgenannten Maßgaben auch aus Sicht der Kammer anzulegen. Diesem Maßstab ist die Beklagte indes nicht gerecht geworden. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Vertrag mit dem Zeugen T. verletzt, weil sie die spezifischen Risiken, die sich angesichts des Einbruchsversuchs in ihrer Filiale H.str. für sie offenbarten und vor deren Verwirklichung ein umsichtiger und informierter Schließfachkunde Schutz erwarten durfte, bei der Sicherung ihrer Anlage in der Filiale… in N. nicht hinreichend berücksichtigt hat. aa) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass in der Filiale H.str. am 24.10.2020 ein Einbruchsversuch erfolgte und die Täter versucht hatten, im Keller des dortigen Gebäudes die Wand zum Tresorraum mit einem Kernbohrer zu durchdringen, um sich anschließend Zugang zu den im Tresorraum vorhandenen Kundenschließfächern zu verschaffen. Dem Bildmaterial zufolge (Anlagenkonvolut K 4) hatten die Täter bereits zur Ausführung der Tat angesetzt und mit dem Bohren begonnen. Um in den Keller zu gelangen hatten sie bereits zwei alarmgesicherte Stahltüren überwunden, indem sie einen Kontaktalarm in beiden Türen mittels eines Trennschleifers umgangen hatten. Den für die Tatausführung genutzten Kernbohrer, der in seinem Durchmesser von ca. 45 cm dem für die streitgegenständliche Tat verwendeten Kernbohrer entsprach, hatten sie auf einem Schienensystem montiert und über ein im Treppenbereich des Objekts gelegenes Waschbecken mit einer Wasserkühlung versorgt. Sie brachen die Tatausführung letztlich ab, wobei nicht festgestellt ist, ob dies aus eigenem Antrieb erfolgte oder weil sie während der Tatausführung gestört wurden. Unstreitig – und aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht K. (AZ: …), dortiger Sonderband 11 „Erkenntnisse“ Bd. I, Bl. 3 ersichtlich – waren die im Vorraum zum Tresorraum als auch im Tresorraum selbst vorhandenen Bewegungsmelder der Alarmanlage mit passgenauen Aufklebern zugeklebt und hatten die Täter diese Bewegungsmelder bereits vor dem Abend des 23.10.2020 zu Filialöffnungszeiten manipuliert (s. auch Anlage B 10). Diese Manipulationen durch die Aufkleber waren nach Einschätzung der H. Kriminalpolizei auf den ersten Blick nicht erkennbar und wurden erst durch die Kriminalbeamten am Tatort bemerkt (Bl. 3 der Ermittlungsakte, aaO).“

Parallele Schließfächersicherheit zur Sicherheit des Online-Bankings

Das Landgericht Hamburg stellt weiter klar: „Im Bereich des Schließfachschutzes kann dabei angesichts der vorgenannten berechtigten Kundenerwartungen kein geringerer Maßstab gelten als im Bereich des Schutzes eines Kontos beim Online-Banking. Für Schließfachüberlassungen gelten beispielsweise im Hinblick auf die Legitimationsprüfung dieselben Anforderungen wie bei Eröffnung eines Kontos (Ellenberger/Bunte BankR-HdB, 6. Aufl., § 48. Safevertrag, Schließfach Rn. 8). Die Bank muss auch hier ein technisch sicheres System nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik bereitstellen. Im Rahmen des Kontoschutzes beim Online-Banking besteht die von jedem umsichtigen und informierten Bankkunden angenommene und von der Rechtsprechung folgerichtig vorausgesetzte Pflicht der Bank, auf Grundlage des neuesten Stands der Erfahrung laufende und kurzfristige Änderungen in Sicherungssystemen und Angriffsszenarien zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 26.1.2016 – XI ZR 91/14, MMR 2016, 382 Rn. 41 f.). Dabei stellte der Bundesgerichtshof ausdrücklich als Maßstab darauf ab, ob praktisch erfolgreiche Angriffe auf ein auf eine bestimmte Weise ausgestaltetes System in der Öffentlichkeit bekannt geworden waren (dort: zahlreiche bekannt gewordene erfolgreiche Attacken im smsTAN-Verfahren). Aus welchen Gründen eine Bank aber verpflichtet sein soll, ihr elektronisches System und dessen Schutz an sich veränderndes Täterwissen, deren Professionalität und deren Vorgehensweisen anzupassen (vgl. dazu auch KG, Urteil vom 29.11.2010 – 26 U 159/09, MMR 2011, 338, 339 f. für das PIN/TAN-Verfahren), sie eine solche Pflicht bei manuell – und damit tendenziell sogar einfacher – zu schützenden Wertgegenständen ihrer Kunden in Schließfächern aber nicht treffen soll, erschließt sich der Kammer nicht.

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Haftung des Finanzdienstleisters nach dem Urteil des Landgerichts München I vom 24.4.2023 zum Aktenzeichen 32 O 2905/22

Wegen der Pflichtverletzungen bei einer Auskunft zu Kapitalanlagemöglichkeiten hat das Landgericht München I am 24.4.2023 einen Finanzdienstleister zur Zahlung von EUR 3 Millionen Schadenersatz an eine Gemeinde in Baden-Württemberg verurteilt. Es ging um eine Festgeldanlage mit einer Bank als Emittentin, die später in Insolvenz gegangen ist. Der Finanzdienstleister hatte die Bonität der Bank gegenüber der Gemeinde mit A- angegeben, obgleich sie in Wahrheit bei nur bei BBB+ lag. Im Prozess versuchte sich der Finanzdienstleister damit herauszureden, dass er nur der „Makler“ der emittierenden Bank gewesen sei und mit der Gemeinde keinen Anlagevermittlungsvertrag abgeschlossen habe, wenngleich er einräumte, eine Liste mit sehr gut gerateten Festgeldanlagen von Banken der Gemeinde vorgelegt zu haben, bei der die falsche Bonität zur emittierenden und später insolventen Bank angegeben war.

In der Presseerklärung 11 des Landgerichts München I vom 28.4.2023 heißt es (letzter Abruf am 26.1.2025):
„Zwar ergäben sich aus dem zwischen dem Finanzdienstleister und der Bank geschlossenen Maklervertrag grundsätzlich keine vertraglichen Pflichten des Finanzdienstleisters gegenüber der Gemeinde. Ferner könne im Maklervertrag kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, hier der Gemeinde, gesehen werden, der einen Schadensersatzanspruch für die Klägerin rechtfertigen könnte. Auch bei Bestehen eines Maklervertrages könne aber zwischen dem Makler und dem Dritten ein weiteres, vom Maklervertrag unabhängiges Vertragsverhältnis, bestehen. Zwischen der Gemeinde und dem Finanzdienstleister sei insoweit konkludent ein Auskunftsvertrag im Rahmen der Anlagevermittlung geschlossen worden. Der Finanzdienstleister sei gegenüber der Gemeinde nämlich nicht nur als ‚Makler‘, sondern unter der Bezeichnung „Finanzierungen/Anlagevermittlung“ aufgetreten. Er habe so als Vermittler für Finanzprodukte und darüber hinaus durch das Auftreten seiner Mitarbeiterin, als ‚Rating-Analyst (univ.)‘ für sich besondere Sachkunde reklamiert. Die Gemeinde habe durch die Inanspruchnahme der Leistungen des Finanzdienstleisters deutlich gemacht, dass sie auf dessen besondere Sachkunde und seine Verbindungen vertraue. Damit sei zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis geschlossen worden. Der Annahme eines Auskunftsvertrags stehe auch nicht entgegen, dass die Gemeinde selbst keine Zahlungen an den Finanzdienstleister geleistet habe. Es sei anerkannt, dass ein Anlagevermittlungsvertrag bzw. ein Auskunftsvertrag auch unentgeltlich geschlossen werden könne und bei Vermittlern auch regelmäßig unentgeltlich geschlossen werde. Die falsche Auskunft des Finanzdienstleisters sei auch ursächlich für den Anlagenkauf der Gemeinde gewesen. Diese hätte die fragliche Festgeldanlage nicht abgeschlossen, wenn sie zutreffend informiert worden wäre, dass die emittierende Bank tatsächlich nur über ein Rating von BBB+ verfügte. Dabei streite im Rahmen eines Anlagevermittlungsvertrags für die Gemeinde die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Diese Vermutung habe der Finanzdienstleister nicht widerlegen können. Vielmehr habe die Gemeinde die Ursächlichkeit der fehlerhaften Auskunft für ihre Entscheidung nachweisen können. Hierzu führte die Kammer aus: „Die Kammer ist nach der von ihr der durchgeführten Beweisaufnahme der Überzeugung, dass die Klägerin bei Kenntnis des tatsächliche für die Bank bestehenden Ratings BBB+ vom Abschluss des streitgegenständlichen Vertrags mit der Bank Abstand genommen hätte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verfasserin der Pressemitteilung: Vorsitzende Richterin am Landgericht München I  Cornelia Kallert – Pressesprecherin“.

Falsche Auskunftserteilung führt zu Schadensersatz

Dass Anlageberater/-innen und Anlagevermittler/-innen umfassend aufklären müssen und eine Beraterpflicht zu anlegergerechter und objektgerechter Aufklärung sowohl von Verbrauchern/-innen als auch von unternehmerischen und institutionellen Geldanlegern/-innen einschließlich Gemeinden haben, ist seit vielen Jahrzehnten die ständige Rechtsprechung überall in Deutschland. Eine „anlegergerechte“ Beratung berücksichtigt, dass nur Produkte vorgeschlagen werden, die zum Kunden bzw. der Kundin passen, d.h. bei denen der Kunde bzw. die Kundin aufgrund seiner/ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie seiner/ihrer Kenntnisse und Erfahrungen die Folgen seiner/ihrer Anlageentscheidung richtig einschätzen und tragen kann, vergleiche BGH WM 93, 1455 ff, ferner BGH, Urteil zum Aktenzeichen II ZR 133/95. Eine „objektgerechte“ Beratung setzt voraus, dass die Bank oder das Finanzdienstleistungsunternehmen den Kunden/-innen über diejenigen Eigenschaften und Risiken des Anlageobjektes zu informieren hat, die für die konkrete Anlageentscheidung eine Bedeutung haben können.

Risikoaufklärung bei der Anlageberatung und der Anlageempfehlung

Die Rechtsprechung unterscheidet dabei zwischen allgemeinen Risiken wie zum Beispiel der Konjunkturlage und der Entwicklung des Börsenmarktes und so genannten speziellen Risiken, die sich direkt auf das Anlageobjekt beziehen, beispielsweise das Kurs-, Währungs- und Zinsrisiko sowie die beeinflussenden Faktoren dazu. Ebenso spielt die Aufklärung über Insolvenzrisiken der Anbieterseite bei den allgemeinen Risken eine große Rolle. Im vorliegenden Fall einer Festgeldanlage ist das Wichtigste die Bonität der emittierenden Bank.  Dabei ist das Finanzdienstleistungsunternehmen verpflichtet, den Kunden bzw. die Kundin über alle erforderlichen Umstände umfassend, richtig, sorgfältig, verständlich und vollständig aufzuklären. Liegt kein Anlageberatungs- und kein Anlagevermittlungsvertrag vor, nimmt die Rechtsprechung in vielen Fällen wie auch hier das Landgericht München I einen Auskunftsvertrag an, welcher ebenfalls umfangreiche Pflichten für den Finanzdienstleister beinhaltet.

Fachanwalt für Bankrecht und Spezialist für Anlageberaterhaftung

Haben Sie Fragen zum Thema Anlageberaterhaftung oder Anlagevermittlerhaftung? Wurden Ihnen wichtige Informationen vorenthalten oder nur missverständlich oder gar sehr verharmlosend mitgeteilt? Rufen Sie unsere Fachanwaltskanzlei mit Standorten in München und Berlin an unter der Telefonnummer 089/45 21 33 88, vereinbaren Sie über unser Kontaktformular einen Termin für eine Erstberatung oder senden Sie eine Nachricht mit Ihren Fragen an kanzlei@gaebhard.de.

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Sparbuch-Vorlage – Beweislast zur früher erfolgten Zahlung: Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil von 20.12.2022 zum Aktenzeichen 17 U 151/21

Muss die Bank zahlen, wenn ein nicht entwertetes Sparbuch nach 27 Jahren von der Sparbuchinhaberperson vorgelegt wird? „Auf den ersten Blick grundsätzlich ja, aber …“ sagt das Oberlandesgericht Karlsruhe im Urteil vom 20.12.2022 zum Aktenzeichen 17 U 151/21, denn das Kreditinstitut trägt zwar nach der Rechtsauffassung des Gerichts die Darlegungs- und Beweislast für die bereits erfolgte Erfüllung des Auszahlungsanspruchs auch in Fällen, in denen lange Zeit keine Eintragungen in das Sparbuch vorgenommen wurden und handelsrechtliche Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind. Allerdings sei zu beachten: Die Unrichtigkeit eines Sparbuchs könne zwar nicht allein mit bankinternen Unterlagen nachgewiesen werden. Diesen komme jedoch im Rahmen der Beweiswürdigung ein größeres Gewicht zu, wenn weitere Umstände hinzutreten. Im hier zu entscheidenden Fall ging es um ein Sparbuch aus dem Jahr 1992, zu dem das Sparguthaben 2019 gekündigt wurde und die Kundin im Jahr 2020 das im Sparbuch ausgewiesene Sparguthaben ausgezahlt haben wollte.

Sparbuch als verbrieftes Auszahlungsrecht – Fachanwalt für Bankrecht berät Sie

Ein Sparbuch ist ein verbrieftes Auszahlungsrecht, so dass nach der Kündigung das Sparguthaben bei der Vorlage des Sparbuchs von dem Kreditinstitut auszuzahlen ist. Auffällig war im hier zu entscheidenden Fall allerdings, dass auf dem Girokonto der Bankkundin bei dem gleichen Kreditinstitut am ‌16‌.‌4‌.‌1998‌ ein Betrag von 103.961,17 DM eingegangen war, der genau dem Guthaben auf dem Sparbuch zu diesem Zeitpunkt entsprach. Die Bankkundin wollte nun ausweislich des Sparbuchs bei der Kündigung im Jahr 2019 diesen Betrag zuzüglich weiterer Sparzinsen in der Zwischenzeit beanspruchen. Die Bankkundin äußerte dabei zu ihrer Rechtsfertigung die Vermutung, der Zahlungseingang von 103.961,17 DM auf ihrem Girokonto müsse aus „über Monate gesammelten, möglicherweise buchhalterisch nicht vollständig erfassten Bareinnahmen aus dem Obstbaubetrieb von ihr und ihrem Mann stammen“. Dieser Behauptung schenkte das Oberlandesgericht Karlsruhe keinen Glauben und führt im Urteil aus: „Der Klägerin steht kein Anspruch auf Auszahlung des Sparguthabens aus § 700 Abs. 1 Satz 1, § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. (…) Der Anspruch auf Auszahlung des Sparguthabens ist jedoch durch Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). a) Wird ein nicht entwertetes Sparbuch vorgelegt und ist – wie hier – nur streitig, ob der Anspruch auf Auszahlung dieses Guthabens von dem Kreditinstitut bereits erfüllt worden ist, trägt das Kreditinstitut die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung des Auszahlungsanspruchs (BGH, Beschluss vom 21. September 1989 – III ZR 55/89 -, juris Rn. 2; Urteile vom 4. Juni 2002 – XI ZR 361/01, BGHZ 151, 47, 49 und vom 18. Januar 2022 – XI ZR 380/20 –, BGHZ 232, 215-227 Rn. 31 mwN). Eine Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Auszahlung kommt nicht allein deshalb in Betracht, weil der Inhaber des Sparbuchs über Jahrzehnte keine Eintragungen vornehmen ließ oder – jedenfalls nach dem Vorbringen des Kreditinstituts – die handelsrechtliche Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist (BGH, Urteil vom 18. Januar 2022 – XI ZR 380/20 –, BGHZ 232, 215-227 Rn. 31 mwN). Die Unrichtigkeit eines Sparbuchs kann insoweit nicht alleine mit bankinternen Unterlagen nachgewiesen werden (OLG Köln, Urteil vom 9. Juli 2003 – 13 U 133/02 –, juris Rn. 16; vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 22. Dezember 1988 – 1 U 216/87 –, NJW-RR 1989, 1517, 1518; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 31. Mai 1989 – 5 U 74/89 –, juris; OLG Zweibrücken, Urteil vom 25. November 2020 – 7 U 82/18 –, juris Rn. 36). Bankinterne Unterlagen gewinnen allerdings ein anderes, größeres Gewicht, wenn weitere Umstände hinzutreten, zu denen auch ein erheblicher Zeitablauf gehören kann (vgl. OLG Köln, aaO; OLG Zweibrücken, aaO). b) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte die Auszahlung des Sparguthabens bewiesen. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Zeuge E. Sch. am 16. April 1998 das damals von der Beklagten errechnete Sparbuchguthaben von 103.961,17 DM auf Weisung des dazu bevollmächtigten Ehemannes auf das Girokonto der Klägerin gebucht und unmittelbar anschließend auf ein Festgeldkonto der Klägerin (in Höhe von 51.980,59 DM) und ihres Ehemannes (in Höhe von 51.980,58 DM) überwiesen hat. Diese Feststellungen sind für den Senat bindend.“

Neben dem erheblichen Zeitablauf zwischen der letzten Eintragung im Sparbuch von 1997 und der Aufforderung der Auszahlung des angeblichen Sparguthabens im Dezember 2019 erklärte das OLG Karlsruhe, dass die Klägerin, die sich jeweils zeitnah um die Wiederanlage von abgelaufenen Sparguthaben auf ihren sonstigen Sparbüchern gekümmert hatte, ein hohes Guthaben nicht so lange unbeachtet gelassen hätte.

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Hilfe vom Bundesgerichtshof: Keine Verjährung der Finanzberaterhaftung bei gescheiterter Kapitalanlage im Urteil vom 20.10.2022 zum Aktenzeichen III ZR 88/21

In der neuen vielbeachteten aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20.10.2022 zum Aktenzeichen III ZR 88/21 befasst sich das oberste deutsche Zivilgericht mit der Frage, wann Kapitalanleger, denen von einer betrügerischen Goldverkaufsstiftung vorgespiegelt wurde, echte Goldbarren zu erwerben und bei der Insolvenz der Gold-Stiftung ein Aussonderungsrecht für ihre Goldbarren und damit für ihr Eigentum zu haben, erkennen müssen, dass sie das Opfer von Betrug geworden sind und gegen den Finanzdienstleister wegen Falschberatung vorgehen können. Es geht somit um die Abgrenzung zwischen grob fahrlässiger Untätigkeit des Anlegers, der sich nach der Insolvenz des Gold-Unternehmens nicht sofort an einen Anwalt wendet, und wirklichem Wissen, dass Schadensersatzansprüche gegen den Finanzdienstleister bestehen, weil der Finanzdienstleister nicht über die Risiken der Geschäfte aufgeklärt hat. Erworben wurde Falschgold und die Anlegergelder sind von den Stiftungsverantwortlichen veruntreut worden.

Keine Verjährung bei Vertrauensverhältnis zum schädigenden Finanzberater

Der BGH stellt klar, dass nach § 199 Absatz 1 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, dies mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Erforderlich ist im Rahmen des § 199 Absatz 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich die Tatsachenkenntnis und nicht die Rechtskenntnis. Der BGH schreibt im Urteil vom 20.10.2022 zum Aktenzeichen III ZR 88/21:

„Erforderlich ist, dass der Gläubiger um die anspruchsbegründenden Umstände weiß und nicht, dass er den Vorgang rechtlich zutreffend beurteilt (vgl. nur Senat, Urteile vom 19. März 2008 – III ZR 220/07, NJW-RR 2008, 1237 Rn. 7; vom 18. Dezember 2008 – III ZR 132/08, NJW 2009, 984 Rn. 13 f und vom 24. April 2014 – III ZR 156/13, NJW 2014, 2345 Rn. 26; siehe auch Senat, Urteil vom 11. Januar 2007 – III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 28 mwN zu § 852 BGB aF). (…) a) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass in einem Fall, in dem bei einem Schadensersatzanspruch der haftungsauslösende Fehler in einer falschen Rechtsanwendung des Schuldners liegt, die Kenntnis dieser Rechtsanwendung als solche nicht ausreichen kann; vielmehr muss der Geschädigte Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis davon haben, dass die Rechtsanwendung fehlerhaft gewesen ist (Senat, Urteil vom 24. April 2014 aaO; vgl. auch Senat, Urteil vom 7. März 2019 – III ZR 117/18, BGHZ 221, 253 Rn. 21; BGH, Urteile vom 6. Februar 2014 – IX ZR 245/12, BGHZ 200, 172 Rn. 9 ff und 15 ff und vom 29. Oktober 2021 – IX ZR 10/20, NJW 2021, 1957 Rn. 27 f). Die bloße Kenntnis der tatsächlichen Umstände vermag dem Laien noch keine Kenntnis der Pflichtwidrigkeit einer Handlung zu vermitteln (BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 aaO Rn. 13 f). (…) b) Die Kenntnis der Insolvenz der B.-Stiftung und des Umstands, dass der Insolvenzverwalter hinsichtlich der Aussonderung des erworbenen Goldes einen anderen Rechtsstandpunkt einnahm als der Geschäftsführer der Beklagten, genügt für die Annahme grober Fahrlässigkeit schon deshalb nicht, weil nach der Senatsrechtsprechung der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, dessen Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen besonderes Gewicht beimisst und es daher in der Regel kein grobes Verschulden gegen sich selbst darstellt, wenn er ohne ‚dringenden Anlass‘ davon absieht, dessen Angaben zum Beispiel durch Lektüre des Emissionsprospekts weiter zu überprüfen. Unterlässt der Anleger eine Kontrolle des Beraters oder Vermittlers, so weist dies in erster Linie auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist deshalb für sich genommen nicht schlechthin unverständlich oder unentschuldbar im Sinne grober Fahrlässigkeit gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Dies gilt auch für beschwichtigende Äußerungen des Beraters oder Vermittlers nach Zeichnung der Anlage (vgl. Senat, Urteile vom 7. Juli 2011 – III ZR 90/10, juris Rn. 19; vom 22. September 2011 – III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111 Rn. 10 und vom 17. März 2016 – III ZR 47/15, WM 2016, 732 Rn. 13 und 18).“

 Kann der Anleger also darlegen und nachweisen, dass er aufgrund eines Vertrauensverhältnisses zum Finanzberater nicht einen Anwalt mit einer Überprüfung der Sach- und Rechtslage beauftragt hat und selbst keine Rechtskenntnisse hatte, ist ihm keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen und er kann damit erfolgreich einer etwaigen Einrede der Verjährung vom Finanzberater entgegentreten.

Fachanwaltliche Rechtsdurchsetzung bei Kapitalanlagebetrug § 264a StGB

Wollen Sie wissen, ob Sie das Opfer von Kapitalanlagebetrug gemäß § 264a StGB geworden sind? Frau Rechtsanwältin Dr. Gäbhard hat über Kapitalanlagebetrug promoviert: „Das Tatbestandsmerkmal der ‚wesentlichen Umstände’ beim Kapitalanlagebetrug gemäß § 264 a StGB“ Dabei wurde von ihr im Jahr 1993 eine wissenschaftliche juristische Definition der „wesentlichen Umstände“ entwickelt. Diese lautet: „Für die Erwerbs- bzw. Erhöhungsentscheidung des Anlegers ‚erheblich‘ ist jeder Umstand, der für die konkrete Kapitalanlage ein über das allgemeine Unternehmerrisiko hinausgehende spezielles Risiko innerhalb des Beteiligungsverhältnisses oder hinsichtlich der Realisierbarkeit des entworfenen Kapitalanlageangebotes im Rahmen einer Ex-Ante Betrachtung bedeuten kann.“ Siehe dazu gerne auch:

https://www.gaebhard.de/ueber-uns/

Wenn Sie Fragen im Zusammenhang mit Ihrer Kapitalanlage und den in Betracht kommenden Haftungsgegnern oder Fragen zur Verjährung haben, kontaktieren Sie uns! Gerne prüfen wir für Sie schnell und lösungsorientiert die rechtlichen Möglichkeiten und vertreten Ihre rechtlichen Interessen und setzen professionell und engagiert Ihre Rechte durch!

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TAN-Mitteilung am Telefon an Kriminelle: Landgericht Saarbrücken zum Aktenzeichen 1 O 181/20

Eine telefonische Weitergabe einer oder mehrerer TAN im Rahmen des Online-Bankings legt den Vorwurf einer grob fahrlässigen Verletzung von Pflichten der Bankkundenperson aus der entsprechenden Ziffer der Online-Banking Bedingungen nahe, gleichwohl kann der Bankkunde das von Betrügern gestohlene Geld zumindest hälftig auf die Bank abwälzen. Das Landgericht Saarbrücken begründet dies in seinem Urteil vom 9.12.2022 zum Aktenzeichen 1 O 181/20 damit, dass sich der Bankkundenperson bei einer Gesamtschau aller Umstände – das ungewöhnliche telefonische Erfragen mehrerer TAN entgegen der Online-Banking-Bedingungen sowie der Hinweis “IBAN” auf dem TAN-Generator bei dem Generieren der TAN für die Hinzufügung einer fremde IBAN sowie eine auffälligen Änderung des Transaktionslimits – hier aufdrängen musste, dass es sich nicht um einen regulären Vorgang, sondern um einen Betrug handelte. Diese Verletzung der Geheimhaltungspflichten sei auch ursächlich geworden für den eingetretenen Schaden.

Opfer von Betrug beim Online-Banking – Fachanwalt für Bankrecht hilft

Das Landgericht Saarbrücken unterstreicht in seinem Urteil vom 9.12.2022 zum Aktenzeichen 1 O 181/20, dass „sich eine pauschale Bewertung verbietet“, vielmehr seien „sämtliche Umstände des Einzelfalls zu würdigen.“ Das Gericht führt aus: „Maßstab ist, dass wenn sich jedem Zahlungsdienstenutzer in der entsprechenden Situation sowie dem betroffenen Zahlungsdienstenutzer ganz individuell geradezu aufdrängen musste, dass es sich nicht um einen regulären Vorgang handeln kann, grobe Fahrlässigkeit vorliegt  (…). Ausgangspunkt für diese Wertung ist zunächst die zwischen den Parteien getroffene Rahmenvereinbarung, welche ausdrücklich darauf hinweist, dass TAN nicht außerhalb des Online-Banking mündlich (z. B. per Telefon) weitergegeben werden dürfen. Zwar hat die Zeugin … bekundet, dass in der Vergangenheit es auch zu telefonischen Kontakten mit Mitarbeitern der Beklagten, gerade einem Herrn …, gekommen sei, weshalb die telefonische Kontaktaufnahme nicht ungewöhnlich gewesen sei. Jedoch hat auch die Zeugin eingeräumt, dass es bei diesen Kontakten weder nach der PIN, noch nach einer TAN gefragt worden sei. Daher mag der telefonische Kontakt per se nicht ungewöhnlich gewesen sein, wohl aber die Aufforderung, eine oder sogar mehrere TAN weiterzugeben. Diese Auffälligkeiten werden noch verstärkt durch den konkreten Ablauf bei Generierung der TAN, die zum Hinzufügen einer IBAN zu der White-List benötigt wurden. Wie die Zeugin … und der Zeuge … mit dem TAN-Generator übereinstimmend in der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2021 demonstriert haben ist hierfür nach dem Drücken der Taste mit der Beschriftung ‚TAN‘ zunächst erforderlich, einen Startcode einzugeben. Im Anschluss erscheint im Display die Anzeige ‚IBAN‘, woraufhin man eine weitere zehnstellige Nummer (die letzten zehn Ziffern der hinzuzufügenden IBAN) eingeben muss. Erst im Anschluss wird durch den Generator eine TAN generiert. Bei einer Gesamtschau aller Umstände – das ungewöhnliche telefonische Erfragen mehrerer TAN entgegen der Online-Banking-Bedingungen sowie der Hinweis ‚IBAN‘ auf dem TAN-Generator bei dem Generieren der TAN – musste sich der Zeugin, welche schon seit langer Zeit Online-Banking nutzt und der bekannt war, dass mittels einer TAN auch ein Zahlungsvorgang freigegeben werden kann, daher aufdrängen, dass es sich nicht um einen regulären Vorgang sondern nur um einen Betrug handelte. Von daher ist eine grobe Fahrlässigkeit der Zeugin … anzunehmen.“

Fachanwalt für Bankrecht holt die Erstattung von der Bank

Im hier zu entscheidenden Fall kam erschwerend zu Lasten der Bank hinzu, dass ein technisches internes Schutzsystem der Bank eine Reihe von Echtzeitüberweisungsversuchen der Betrugstäter zurückgewiesen hat, Stunden später erfolgte neue Überweisungsversuche auf die gleiche Betrüger-IBAN jedoch ausgeführt wurden. Das Landgericht Saarbrücken führt im Urteil vom 9.12.2022 zum Aktenzeichen 1 O 181/20 grundlegend folgendes aus und nimmt ein Mitverschulden der Bank von 50 % mit folgender Begründung an: „Die Beklagte muss sich ein anspruchsminderndes Mitverschulden in Höhe von 50 % anrechnen lassen, beschränkt aber auf die Überweisungen, die ab 22:40 Uhr erfolgten. aa) Diesbezüglich gilt in rechtlicher Hinsicht, dass ein Mitverschulden des Zahlungsdienstleisters beim Onlinebanking bestehen kann, wenn keine ausreichende Systemsicherheit gewährleistet wird, da der Dienstleister zur Bereitstellung eines technisch sicheren Onlinebanking-Systems verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 24.04.2012 − XI ZR 96/11, NJW 2012, 2422; MüKoBGB/Zetzsche, 9. Aufl. 2023, BGB § 675 v Rn. 58; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Herresthal, 3. Aufl. 2020, 3. Kap. BGB § 675v Rn. 72). Bezogen auf die konkreten Pflichten des Zahlungsdiensteleisters wurde etwa ein Mitverschulden angenommen, wenn etwa ein veraltetes Authentifizierungsverfahren verwendet wird, welches nicht mehr dem Stand der Technik entspricht (so für das einfache TAN Verfahren KG, Urteil vom 29.11.2010 – 26 U 159/09, BeckRS 2010, 31105; Köbrich, VuR 2015, 9). Auch kann ein Mitverschulden angenommen werden, wenn der Zahlungsdiensteleister mit Ausführung des Zahlungsvorgangs den mit dem Zahler vereinbarten Verfügungsrahmen überschreitet (BGH, Urteil vom 24.04.2012 − XI ZR 96/11, NJW 2012, 2422; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Herresthal, 3. Aufl. 2020, 3. Kap. BGB § 675v Rn. 71). bb) Des Weiteren kann ein Mitverschulden in Betracht kommen, wenn das Kreditinstitut gegen eine zum Schutz des Kunden bestehende Warnpflicht verstoßen hat. Eine solche ist hingegen nur in Ausnahmefällen anzunehmen. Kreditinstitute werden im bargeldlosen Zahlungsverkehr nur zum Zweck der technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Abwicklung tätig und haben sich schon wegen dieses begrenzten Geschäftszwecks und der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge grundsätzlich nicht um die beteiligten Interessen ihrer Kunden zu kümmern. Eine Warnpflicht besteht erst dann, wenn die Bank ohne nähere Prüfung im Rahmen der normalen Bearbeitung eines Zahlungsverkehrsvorgangs auf Grund einer auf massiven Verdachtsmomenten beruhenden objektiven Evidenz den Verdacht einer Veruntreuung bzw. Fremdschädigung des Kunden schöpft (BGH, Urteil vom 24.04.2012 − XI ZR 96/11, NJW 2012, 2422;Ellenberger/Bunte BankR-HdB, § 33. Bankgeschäfte online Rn. 128). Hierbei kann auch zu berücksichtigen sein, wenn auffällige Verfügungen im Minutentakt erfolgen und keine Rückfrage erfolgt, ob diese Verfügungen bekannt sind (OLG Bremen, Beschluss vom 19.05.2021 – 1 W 4/21, NJW-RR 2021, 1063). cc) Nach diesen rechtlichen Maßstäben muss sich die Beklagte im vorliegenden Fall betreffend die Überweisungen, welche am 12.04.2020 ab 22:40 Uhr erfolgten ein Mitverschulden anrechnen lassen.“

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Gefälschte Mails mit Zahlungsanweisungen – Geld weg: Darlegungs- und Beweislast bei der Bank nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12.4.2022 zum Aktenzeichen 17 U 823/20

Nimmt ein Bankmitarbeiter wie hier auf der Grundlage von per E-Mail erhaltenen Zahlungsanweisungen nach vorheriger Umbuchung vom Tagesgeldkonto auf das Girokonto insgesamt 13 manuelle Überweisungen vom Girokonto der Klägerin an die jeweiligen Rechnungssteller im Ausland vor, hier insgesamt über EUR 255.000,00 und geht es darum, ob die Bankkundin die 13 genannten Zahlungen vom ihrem Girokonto autorisiert hat, trägt die Bank das Darlegungs- und Beweisrisiko, dass sich die Bank richtig verhalten hat. Diese Entscheidung ist sehr hilfreich für die Bankkundin, die dadurch schadensfrei gestellt wurde. Es ging in dem Fall um angebliche E-Mails der Bankkundin nebst angehängten – gefälschten – Rechnungsunterlagen, die von dieser jedoch nie versendet worden sind, sondern durch unbekannte Dritte manipuliert wurden. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit seinem Urteil vom 12.4.2022 zum Aktenzeichen 17 U 823/20 die anderslautende erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und klargestellt, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs außerhalb des Anwendungsbereichs des § 675w BGB den Zahlungsdienstleister, also die Bank, trift. Dies gilt unabhängig davon, ob der Zahlungsdienstleister einen Aufwendungsersatzanspruch hat oder der Zahler einen Erstattungsanspruch geltend macht.

Fachanwalt für Bank hilft bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen

Das Oberlandesgericht Karlsruhe führt in seinem Urteil vom 12.4.2022 zum Aktenzeichen 17 U 823/20  aus: „Gemäß § 675c Abs. 1 BGB aF sind auf einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Erbringung von Zahlungsdiensten zum Gegenstand hat, die §§ 663, 665 bis 670 und 672 bis 674 BGB entsprechend anzuwenden, soweit in den §§ 675c ff. BGB aF nichts Abweichendes bestimmt ist. Nach dem Wortlaut des § 675c Abs. 1 BGB aF, der gesetzessystematischen Stellung des Untertitels über Zahlungsdienste und tradierter Rechtsauffassung handelt es sich bei der Erbringung von Zahlungsdiensten um Geschäftsbesorgungsverträge (BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 – XI ZR 290/11 –, BGHZ 193, 238-260, Rn. 20; Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 675c Rn. 8). Soweit das Ergebnis nicht in Widerspruch zur Zahlungsdiensterichtlinie steht, gilt gemäß § 675c Abs. 1 BGB aF subsidiär nicht nur das kodifizierte Auftragsrecht, sondern – weiterhin – auch die hierzu ergangene Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 – XI ZR 290/11 –, BGHZ 193, 238-260, Rn. 20; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. November 2020 – XI ZR 294/19 –, BGHZ 227, 343-365, Rn. 19). Nach den vor Inkrafttreten des Zahlungsverkehrsrechts im Überweisungsverkehr geltenden Grundsätzen oblag in einem Geschäftsbesorgungsvertrag dem Beauftragten die Beweislast für die ordnungsgemäße Auftragsausführung nicht nur dann, wenn er Aufwendungsersatzansprüche nach §§ 675, 670 BGB geltend machte, sondern auch dann, wenn er Rückerstattungsansprüche des Auftraggebers nach §§ 675, 667 BGB bestritt (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 – III ZR 336/89 –, NJW-RR 1991, 575; BGH, Urteil vom 13. Juni 1995 – XI ZR 154/94 –, BGHZ 130, 87-96). Da nur die Ausführung von autorisierten Aufträgen des Geschäftsherrn einen Aufwendungsersatzanspruch auslöste und das Fälschungsrisiko das Kreditinstitut zu tragen hatte (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1994 – XI ZR 238/93 –, NJW 1994, 3344, Rn. 14; BGH, Urteil vom 13. Mai 1997 – XI ZR 84/96 –, NJW 1997, 2236; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. November 2020 – XI ZR 294/19 –, BGHZ 227, 343-365, Rn. 19), hatte der Zahlungsdienstleister die Echtheit des Zahlungsauftrags nachzuweisen. Diese Beweislastverteilung gilt im Anwendungsbereich des Zahlungsdiensterechts fort.“

Fachanwaltliche Rechtsdurchsetzung bei betrügerischen Abbuchungen vom Konto

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