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Spektakuläre Entscheidungen vom Bundesgerichtshof: Negativzinsen auf Spar- und Festgeldkonten müssen von den Banken zurückgezahlt werden! Urteile vom 4.2.2025 – XI ZR 61/23, XI ZR 65/23, XI ZR 161/23 und XI ZR 183/23

Aufatmen für geschädigte Bankkunden, die in den Jahren der Niedrigzinsphase hohe Verwahrentgelte – sogenannte Negativzinsen – von ihren Banken auferlegt erhalten haben! Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass dies bei Spar- und Festgeldkonten mit untergeschobenen Klauseln unzulässig ist, da Guthaben auf Sparkonten und auf Festgeldkonten der Bank überlassen werden, damit sie sicher und der Höhe nach unangetastet bleiben und zusätzlich Zinserträge bringen.

Wie der Bundesgerichtshof in seiner heutigen Presseerklärung Nr. 026/25 vom 4.2.2025 mitteilt, hat der u.a. für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit vier Urteilen vom 4. Februar 2025 entschieden, dass die von verschiedenen Banken und einer Sparkasse gegenüber Verbrauchern verwendeten Klausen zu Entgelten für die Verwahrung von Einlagen auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten unwirksam sind. Er hat in dem Verfahren XI ZR 161/23 außerdem entschieden, dass die von einer Bank gegenüber Verbrauchern verwendeten Klauseln zu Entgelten für die Ausstellung einer Ersatz-BankCard und einer Ersatz-PIN unwirksam sind.

In den vier Verfahren ging es um Klauseln von Sparkassen und Banken, die in ihren Preis- und Leistungsverzeichnissen Klauseln verwendet haben, die dem Ziel dienten, von den Kunden oberhalb von Freibeträgen unterschiedlich hohe Verwahrentgelte einzubehalten. Im Verfahren mit dem Aktenzeichen XI ZR 61/23 verlangte die beklagte Sparkasse oberhalb eines Guthabens von EUR 5.000,00 als Freibetrag ein Verwahrentgelt von 0,70 % pro Jahr auf den auf den Privatgirokonten für Neukunden ab dem 1.1.2020 befindlichen Guthabensbetrag. Im Verfahren mit dem Aktenzeichen XI ZR 65/23 verlangte die beklagte Bank oberhalb eines Freibetrags-Guthabens von EUR 10.000,00 ein Verwahrentgelt von 0,50 % pro Jahr auf den auf den Privatkonten ab dem 1.4.2020 befindlichen Guthabensbetrag als Einlagenbetrag, weitere Verwahrentgelte wurde für andere Kontotyparten und Anlageformen für Sparbeträge angesetzt, teilweise wurde zwischen Neukunden und Bestandskunden bei der Bepreisung unterschieden und es wurden in einem Fall den Bestandskunden ab Anfang 2021 „monatliche Guthabensentgelte“ auferlegt. Die weiteren Verfahren betrafen ähnliche Konstellationen im Bereich von Sparkonten, Festgeldanlagen und Girokonten.

Rückholung von Negativzinsen: Fachanwalt für Bankrecht setzt Ihre Forderung durch

Wie der Bundesgerichtshof in seiner Presseerklärung 026/25 vom 4.2.2025 ausführt, unterliegen die Forderungen von Banken bezüglich Negativzinsen, also Verwahrentgelten für Einlagen auf Tagesgeldkonten (XI ZR 161/23) und für Spareinlagen (XI ZR 183/23) einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil sie die von der Bank geschuldete Hauptleistung abweichend von der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung verändern. Sie halten der Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen und die Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Einlagen auf Tagesgeldkonten und Sparkonten dienen nicht nur der sicheren Verwahrung von Geldern, sondern darüber hinaus auch Anlage- und Sparzwecken. Wer sein Geld einer Bank gibt, um das Geld zu sparen, rechnet nicht damit, dass die Bank auf einmal Teile des Guthabens beansprucht mit der Argumentation, es müssten Verwahrentgelte bezahlt werden. Dies widerspricht diametral der Erwartung von Sparern, die die ihr Geld zu deswegen einer Bank überlassen haben, um Zinsen zu erhalten. Die Banken können sich dabei auch nicht herausreden mit der Argumentation, dass die Kreditinstitute im Euroraum im Zeitraum vom 11. Juni 2014 bis 26. Juli 2022 auf bestimmte Einlagen, die sie bei ihrer nationalen Zentralbank unterhielten, “negative Zinsen” zu zahlen hatten.

Bei Girokonten, so der Bundesgerichtshof, können Bankkunden die von der Bank einbehaltenen Verwahrentgelte, Guthabensentgelte oder Negativzinsen dann zurückfordern, wenn die Berechnungsmethode im Preis- und Leistungsverzeichnis nicht vorab klar und gut verständlich  für eine durchschnittliche Verbraucherperson dargestellt sind, was für die Banken schwierig ist, da sich der Guthabensstand bei Girokonten mit täglichen Zahlungseingängen und Zahlungsausgängen ja mehrfach täglich ändert, so dass es aus anwaltlicher Sicht meistens mehrere sehr gute Argumente gibt, um von der Bank die Rückerstattung an den Bankkunden oder die Bankkundin zu verlangen. Auch hier haben Bankkunden und Bankkundinnen als Verbraucher und Verbraucherinnen vielfach also sehr gute Chancen auf die Rückzahlung ihrer bezahlten Negativzinsen auf Guthaben auf ihrem Girokonto.

Prüfung Ihrer rechtlichen Möglichkeiten vom Fachanwalt für Bankrecht

Zu Unrecht gezahlte Negativzinsen können Kunden und Kundinnen von ihrer Bank oder Sparkasse nunmehr endlich wie seit Jahren von Verbraucherschutz- und Bankrechtsfachanwälten gefordert zurückverlangen, wenn die Bank oder die Sparkasse gegen die Anforderungen des Bundesgerichtshofes an wirksame Klauseln in ihren Preis- und Leistungsverzeichnissen verstoßen haben oder Berechnungsmethoden zu Verwahrentgelten in ihren Klauseln nicht transparent erläutert haben oder Berechnungen falsch durchgeführt haben. Wollen Sie wissen, ob Ihre Bank die strengen Anforderungen des Bundesgerichtshofes beachtet hat? Wenn Sie Fragen im Zusammenhang mit Ihrer Bank und Ihren Giro-, Tagesgeld-, Festgeld- und Kreditkonten rund um Verwahrentgelte und um die Rückforderung von Negativzinsen oder zu anderen Themen haben und sonstige Themen bei Ihren Kapitalanlagen Klärungsbedarf Sie bewegen, prüfen wir für Sie schnell und lösungsorientiert die rechtlichen Möglichkeiten und vertreten Ihre rechtlichen Interessen und setzen professionell und engagiert Ihre Rechte durch!

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Persönliche Haftung des Geschäftsführers wegen Kapitaleinwerbung ohne Erlaubnis nach § 32 KWG bei Nachrangdarlehen gemäß des Urteils vom Oberlandesgericht Dresden vom 25.4.2024 zum Aktenzeichen 8 U 514/23

Ein Geschäftsführer einer Anlagegesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG warb ohne Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gemäß § 32 KWG verbotenerweise Anlegergelder mit einem Rückzahlversprechen im Prospekt ein, wobei die qualifizierte Nachrangabrede bewusst intransparent und unverständlich für die Kunden im Sinne von § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB gewesen ist. Unter eine „qualifizierten Nachrangabrede“ bei einem Darlehen versteht man eine Vereinbarung, die sehr anlegernachteilig und verbraucherfeindlich ist, denn die Anlegerperson als Darlehensgeberperson soll sich dabei verpflichten, bei einer Insolvenz der Anlagegesellschaft nicht klassisch nach § 38 Insolvenzordnung die eigenen Schadensforderungen, insbesondere den eingezahlten Darlehensbetrag und fehlende Zinsen sowie Nebenkosten geltend zu machen, sondern nur ein nachrangiger Gläubiger nach § 39 InsO zu sein, der in vielen Fällen bei einer geringen Insolvenzmasse dann gar keine quotale Ausschüttung erhält. Da diese Abrede hier so unklar formuliert war, denn im Prospekt stand überall „Darlehen“, was nach einem klassischen Darlehen klang, damit die Anlegerpersonen den großen Nachteil nicht merkten, hat das Oberlandesgericht Dresden einem klagenden Kapitalanleger einen Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer der Anlagegesellschaft persönlich zugesprochen.

Das Oberlandesgericht Dresden führt in seinem Urteil vom 25.4.2024 zum Aktenzeichen 8 U 514/23 aus: „Der im Prospekt abgedruckte ‚Darlehensvertrag‘ regelte in § 1 Abs. 1, dass der Anleger dem Darlehensnehmer ein ‚nachrangiges und unbesichertes Darlehen‘ gewährt. In § 9 des Darlehensvertrags finden sich unter der Überschrift ‚Nachrangigkeit‘ nähere Rückzahlungsregelungen, auf deren Inhalt verwiesen wird. (…) Der Beklagte fungierte in einer Vielzahl zur sog. U……-Gruppe gehörender Gesellschaften als Geschäftsführer. Er war in den Jahren 2013 bis 2018 auch Geschäftsführer der Komplementärin der U…… IV GmbH & Co. KG. Seit Herbst 2020 beanstandete die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gegenüber mehreren Anlagegesellschaften der U……-Gruppe, dass die ohne bankaufsichtsrechtliche Erlaubnis vorgenommene Einwerbung von Nachrangdarlehen infolge einer fehlenden Deutlichkeit der gegenüber Anlegern verwendeten vorformulierten Nachrangklauseln unzulässig sei; ab dem Jahr 2021 erließ die BaFin gegenüber mehreren Anlagegesellschaften Einstellungs- und Abwicklungsverfügungen nach § 37 Abs. 1 KWG. Vor diesem Hintergrund wurde am 12.09.2022 auch das Insolvenzverfahren über das Vermögen der U…… IV GmbH & Co. KG eröffnet (401 IN 1269/22 – Amtsgericht Leipzig). Eine Rückzahlung des von der Klägerin gewährten Darlehens erfolgte nicht.“

32 Absatz 1 Satz 1 KWG ist ein Schutzgesetz zum Schutz der Anleger

Das Oberlandesgericht Dresden schreibt weiter in seinem Urteil vom 25.4.2024 zum Aktenzeichen 8 U 514/23, dass der Geschäftsführer persönlich hafte,  dass die Anlagegesellschaft mit dem auch an Kleinanleger gerichteten Angebot von qualifizierten Nachrangdarlehen unerlaubte Einlagengeschäfte betrieben hat. Als Geschäftsleiter habe er entgegen der landgerichtlichen Auffassung schuldhaft eine Schutzgesetzverletzung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB begangen und vor diesem Hintergrund der Klägerin den entstandenen Zeichnungsschaden zu ersetzen: „1. Es entspricht im Ausgangspunkt ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG ein Schutzgesetz zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers im Sinne des § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB darstellt, sodass eine Verletzung der Erlaubnispflicht unter Berücksichtigung der in § 54 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 KWG vorgesehenen Strafbewehrung eine deliktische Einstandspflicht der emittierenden Anlagegesellschaft und entsprechend § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB des verantwortlichen Leitungsorgans begründen kann (BGH, Urteil vom 15.05.2012 – VI ZR 166/11, juris Rn. 11; Urteil vom 19.03.2013 – VI ZR 56/12, juris Rn. 11; Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 156/18, juris Rn. 12; Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 17).“

Fachanwalt für Bankrecht und Kapitalmarktrecht hilft bei Nachrangdarlehen

Qualifizierte Nachrangklauseln, so das Oberlandesgericht Dresden, seien vor diesem Hintergrund „insbesondere nur dann hinreichend transparent, wenn aus ihnen die Rangtiefe, die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre, deren Dauer und die Erstreckung auf die Zinsen klar und unmissverständlich hervorgehen (BGH, Urteil vom 06.12.2018 – IX ZR 143/17, juris Rn. 36; Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 156/18, juris Rn. 23; Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 25; Poelzig, WM 2014, 917, 926 f.; Gehrlein, WM 2017, 1385, 1387 f.). Im Hinblick auf die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre gelten dabei besondere Anforderungen. Erforderlich ist einerseits, die Voraussetzungen der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre hinreichend deutlich zu erläutern. Die Klausel muss vor allem klarstellen, inwieweit die Ansprüche aus dem Darlehen bereits dann nicht mehr durchsetzbar sind, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Leistungsverlangens bereits zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder dies zu werden droht (BGH, Urteil vom 06.12.2018 – IX ZR 143/17, juris Rn. 36; Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 24). Es bedarf für einen Verbraucher genauer Beschreibungen und Erläuterungen (BGH, Urteil vom 06.12.2018 – IX ZR 143/17, juris Rn. 42; Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 24). Andererseits ist es geboten, die Rechtsfolgen und Wirkungen einer vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre klar und unmissverständlich zu veranschaulichen. Dies bedingt, die rechtliche Tragweite der Nachrangabrede und die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Risiken zu erläutern (BGH, Urteil vom 06.12.2018 – IX ZR 143/17, juris Rn. 39; Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 156/18, juris Rn. 24; Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 23 f.). Hierzu gehört zunächst, dass die Wesensänderung der Geldhingabe vom bankgeschäftstypischen Darlehen mit unbedingter Rückzahlungsverpflichtung hin zu einer unternehmerischen Beteiligung mit einer eigenkapitalähnlichen Haftungsfunktion deutlich zu Tage treten muss (BGH, Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 23; vgl. BaFin-Merkblatt aus März 2014, NZG 2014, 379, 381). Darüber hinaus ist das über das ohnehin bestehende allgemeine Insolvenzausfallrisiko hinausgehende unternehmerische Geschäftsrisiko, das sogar über das Beteiligungsrisiko eines Gesellschafters hinausreichen kann (BGH, Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 156/18, juris Rn. 26; BaFin-Merkblatt aus März 2014, NZG 2014, 379, 381), in geeigneter Weise offenzulegen (BGH, Urteil vom 12.12.2019 – IX ZR 77/19, juris Rn. 23). Dabei müssen sich die besonderen Risiken in ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Tragweite klar und verständlich erschließen (BGH, Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 156/18, juris Rn. 24). Vor allem ist zu verdeutlichen, dass es zu einer dauerhaften Aussetzung jeglicher Tilgungs- und Zinszahlungen kommen kann (BGH, Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 156/18, juris Rn. 26 f.). (2) Gemessen an diesen Maßstäben genügt die streitgegenständliche qualifizierte Nachrangklausel in § 9 des Darlehensvertrags auch unter Berücksichtigung der aktenkundigen Zeichnungs- und Prospektunterlagen nicht den Transparenzanforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Einem juristisch und kaufmännisch nicht vorgebildeten Durchschnittskunden werden die rechtliche Tragweite der getroffenen Nachrangabrede und die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile nicht in ausreichendem Maße verdeutlicht. Dies gilt vor allem in Bezug auf die Vertragsbedingungen zur vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre, mithin die Ausgestaltung der Tilgungs- und Zinszahlungsbedingungen außerhalb eines Insolvenzverfahrens. (a) Es mangelt im Ausgangspunkt bereits an einer für durchschnittliche Verbraucher verständlichen Beschreibung des angebotenen Anlageprodukts als qualifiziertes Nachrangdarlehen, die eine einfache und greifbare Erfassung des besonderen Vertragscharakters ermöglichen könnte. Die der Klägerin angebotene Vereinbarung ist mit dem Begriff ‚Darlehensvertrag‘ überschrieben. Der Zeichnungsschein richtet sich nach seiner Überschrift auf ein ‚Darlehensangebot‘ der U…… IV GmbH & Co. KG. Auch im Übrigen findet die Formulierung ‚Darlehen‘ sowohl im Darlehensvertrag als auch im Verkaufsprospekt wiederholte Verwendung, was der Beklagte als teils bewusste Entscheidung eingeräumt hat. Mit dieser Vorgehensweise wurde gegenüber durchschnittlichen Kunden eine unbedingte Rückzahlbarkeit (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB) suggeriert. Weder dem Darlehensvertrag noch dem Verkaufsprospekt ist eine zusammenfassende und erläuternde Beschreibung des qualifizierten Nachrangdarlehens, einschließlich der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre, zu entnehmen.“

Wenn Sie Fragen im Zusammenhang mit gezeichneten Nachrangdarlehen und den in Betracht kommenden Haftungsgegnern haben, kontaktieren Sie uns! Gerne prüfen wir für Sie schnell und lösungsorientiert die rechtlichen Möglichkeiten und vertreten Ihre rechtlichen Interessen und setzen professionell und engagiert Ihre Rechte durch!

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Erfolgreiches Bankkunden-Urteil des Landgerichts Hamburg vom 29.6.2023 zum Aktenzeichen 330 O 127/22 nach Schließfach-Aufbruch

In Hamburg wurden nacheinander verschiedene Schließfachräume der Hamburger Sparkasse von Straftätern überfallen und ausgeraubt. Obgleich aus dem Überfall auf eine andere Filiale der Hamburger Sparkasse bekannt war, wie professionell die Täter mit Vor-Ort-Wissen vorgehen und welche Schutzmaßnahmen als „Hochrisiko“-Standard einzurichten waren, hatte die Bank in der betroffenen Filiale im Jahr 2021 keine ausreichenden technischen und praktischen Sicherheiten nachgerüstet und berief sich darauf, dass sie in ihren Schließfachbedingungen eine Haftungsbegrenzung in Höhe von EUR 40.000,00 für derartige Schadensfälle habe. Nachdem die Straftäter in der streitgegenständlichen Filiale ebenfalls professionell vorgegangen waren und von 1.200 Schließfächern insgesamt 650 Schließfächer aufgesprengt hatten, verlangte der Kläger in der Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 29.6.2023 zum Aktenzeichen 330 O 127/22 die Erstattung von EUR 150.000,00, die sich nach der Auflösung eines entsprechenden Sparbuchs in bar im Schließfach befunden hatten. Die Bank zahlte zunächst nur EUR 40.000,00 aus. Das Landgericht Hamburg hat dem Kunden gemäß der §§ 280, 249, 398 BGB den vollen Schadensersatz in Verbindung mit dem Vertrag über die Vermietung eines Schrankfaches zugesprochen, so dass er die restlichen EUR 110.000,00 auch erhalten hat. Die Haftungsbeschränkung in den Schließfach-Vermietungsbedingungen auf eine Ersatzsumme bis zu EUR 40.000,00 sei nach § 309 Nr. 7 BGB (Haftungsausschluss nicht bei grobem Verschulden) unwirksam.

Schliessfächer müssen auf dem aktuellen technischen Sicherheitsstand sein

Das Landgericht Hamburg führt in seiner Entscheidung gemäß der Veröffentlichung in der Datenbank Landesrecht Hamburg, letzter Zugriff am 26.1.2025, aus: „Bei dem in Rede stehenden Vertrag über die ‚Vermietung eines Schrankfaches‘ vom 30.4.2021 handelt es sich um einen Mietvertrag (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2012 – 24 U 193/11, Juris, Rz. 33 ff.; Klanten in: Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 48, Rz. 3; Bunte/Zahrte, AGB-Banken, AGB-Sparkassen, Sonderbedingungen, 6. Aufl., 4. Teil, IX, A.I., Rz. 1a). b) Die Hauptleistungspflicht der Beklagten bestand darin, dem Zeugen T. das Schrankfach auf unbestimmte Zeit zum Gebrauch zu überlassen. Darüber hinaus schuldete die Beklagte die Zurverfügungstellung eines Schrankfaches, das den besonderen Sicherungsbedürfnissen des Kunden Rechnung trägt und vor schädlichen Einwirkungen wie u.a. Diebstahl geschützt ist. Dass der Kunde als Mieter dabei eine besondere Sicherheit für die von ihm in das Schließfach eingelegten Gegenstände erwartet, die er bei einer anderweitigen Lagerung in Privat- oder Geschäftsräumen selbst bei besonderer Sicherung (beispielsweise in Tresoren) regelmäßig nicht erreichen kann, weil schon die Gebäude- und Raumsicherung bei Banken meist erheblich ausgeprägter ist und einen höheren Schutz vor Entwendung bietet (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O., Rz. 34), war eine auch hier für die Beklagte erkennbare Erwartungshaltung. Denn ausweislich ihrer ‚Bedingungen für die Vermietung von Schrankfächern‘ (Anlage B3) sah sie sowohl ein gesondertes Verschlusssystem wie auch erhöhte Sorgfaltspflichten des Kunden für die Nutzung und Aufbewahrung des Schlüssels für das Mietfach vor, als auch eine Haftung ihrerseits für einen Betrag von € 40.000,00 im Falle von insbesondere Einbruchdiebstahl. Dadurch hat sie zu verstehen gegeben, dass es aus ihrer Sicht nicht unüblich ist, dass Kunden besonders zu sichernde Gegenstände im Wert von mindestens € 40.000,00 in einem Schließfach aufbewahren. Ein auf diese Weise erhöhtes Sicherungsbedürfnis des einzelnen Mieters hat sie damit akzeptiert und muss ihre Schutzmaßnahmen daran messen lassen. Insoweit prägen den Mietvertrag die Besonderheiten eines Schließfach- bzw. Schrankfachvertrages unter dem Aspekt der erwarteten höheren Sicherheit und die aus ihm folgenden Verpflichtungen der Bank über das gesetzliche Maß hinaus (OLG Düsseldorf, aaO, Rz. 37). Die Beklagte schuldete vor diesem Hintergrund die sog. tresormäßige Sicherung, d.h. die Bewachung und Sicherung der Schrankfachanlage, wobei die Sicherung die Schrankfachanlage selbst betrifft, die nach dem anerkannten – also sich fortentwickelnden – Stand der Technik ausgestattet sein muss (vgl. OLG Düsseldorf, aaO, Rz. 37; Klanten in: Ellenberger/Bunte, aaO, Rz. 5 mwN). Wie die Beklagte in rechtlicher Hinsicht zutreffend anführt, kann dieser anerkannte, sich fortentwickelnde Stand der Technik nicht vor jeglichen denkbaren Gefahren schützen. Einen solchen Maßstab anzulegen überspannte die von der Beklagten zu fordernde Sicherungspflicht auch mit Blick auf die berechtigten Sicherungserwartungen ihrer Kunden (s.o.). Diese können und müssen daher nur insoweit Berücksichtigung finden, als sie sich an den konkreten Gegebenheiten orientieren und von einem umsichtigen und informierten Schließfachkunden ausgehen. Art und Umfang der konkret vorzuhaltenden Sicherungsvorkehrungen haben sich daneben auch daran zu orientieren, ob für die Sicherheit der Schrankfachanlage über die allgemeinen Risiken hinaus spezifische Risiken bestehen, deren Verwirklichung durch zumutbare Maßnahmen begegnet werden kann. Der von der Beklagten ins Feld geführte Maßstab, der anerkannte Stand der Technik müsse vor den im Einzelfall üblicherweise zu erwartenden Gefahren schützen, ist daher mit den vorgenannten Maßgaben auch aus Sicht der Kammer anzulegen. Diesem Maßstab ist die Beklagte indes nicht gerecht geworden. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Vertrag mit dem Zeugen T. verletzt, weil sie die spezifischen Risiken, die sich angesichts des Einbruchsversuchs in ihrer Filiale H.str. für sie offenbarten und vor deren Verwirklichung ein umsichtiger und informierter Schließfachkunde Schutz erwarten durfte, bei der Sicherung ihrer Anlage in der Filiale… in N. nicht hinreichend berücksichtigt hat. aa) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass in der Filiale H.str. am 24.10.2020 ein Einbruchsversuch erfolgte und die Täter versucht hatten, im Keller des dortigen Gebäudes die Wand zum Tresorraum mit einem Kernbohrer zu durchdringen, um sich anschließend Zugang zu den im Tresorraum vorhandenen Kundenschließfächern zu verschaffen. Dem Bildmaterial zufolge (Anlagenkonvolut K 4) hatten die Täter bereits zur Ausführung der Tat angesetzt und mit dem Bohren begonnen. Um in den Keller zu gelangen hatten sie bereits zwei alarmgesicherte Stahltüren überwunden, indem sie einen Kontaktalarm in beiden Türen mittels eines Trennschleifers umgangen hatten. Den für die Tatausführung genutzten Kernbohrer, der in seinem Durchmesser von ca. 45 cm dem für die streitgegenständliche Tat verwendeten Kernbohrer entsprach, hatten sie auf einem Schienensystem montiert und über ein im Treppenbereich des Objekts gelegenes Waschbecken mit einer Wasserkühlung versorgt. Sie brachen die Tatausführung letztlich ab, wobei nicht festgestellt ist, ob dies aus eigenem Antrieb erfolgte oder weil sie während der Tatausführung gestört wurden. Unstreitig – und aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht K. (AZ: …), dortiger Sonderband 11 „Erkenntnisse“ Bd. I, Bl. 3 ersichtlich – waren die im Vorraum zum Tresorraum als auch im Tresorraum selbst vorhandenen Bewegungsmelder der Alarmanlage mit passgenauen Aufklebern zugeklebt und hatten die Täter diese Bewegungsmelder bereits vor dem Abend des 23.10.2020 zu Filialöffnungszeiten manipuliert (s. auch Anlage B 10). Diese Manipulationen durch die Aufkleber waren nach Einschätzung der H. Kriminalpolizei auf den ersten Blick nicht erkennbar und wurden erst durch die Kriminalbeamten am Tatort bemerkt (Bl. 3 der Ermittlungsakte, aaO).“

Parallele Schließfächersicherheit zur Sicherheit des Online-Bankings

Das Landgericht Hamburg stellt weiter klar: „Im Bereich des Schließfachschutzes kann dabei angesichts der vorgenannten berechtigten Kundenerwartungen kein geringerer Maßstab gelten als im Bereich des Schutzes eines Kontos beim Online-Banking. Für Schließfachüberlassungen gelten beispielsweise im Hinblick auf die Legitimationsprüfung dieselben Anforderungen wie bei Eröffnung eines Kontos (Ellenberger/Bunte BankR-HdB, 6. Aufl., § 48. Safevertrag, Schließfach Rn. 8). Die Bank muss auch hier ein technisch sicheres System nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik bereitstellen. Im Rahmen des Kontoschutzes beim Online-Banking besteht die von jedem umsichtigen und informierten Bankkunden angenommene und von der Rechtsprechung folgerichtig vorausgesetzte Pflicht der Bank, auf Grundlage des neuesten Stands der Erfahrung laufende und kurzfristige Änderungen in Sicherungssystemen und Angriffsszenarien zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 26.1.2016 – XI ZR 91/14, MMR 2016, 382 Rn. 41 f.). Dabei stellte der Bundesgerichtshof ausdrücklich als Maßstab darauf ab, ob praktisch erfolgreiche Angriffe auf ein auf eine bestimmte Weise ausgestaltetes System in der Öffentlichkeit bekannt geworden waren (dort: zahlreiche bekannt gewordene erfolgreiche Attacken im smsTAN-Verfahren). Aus welchen Gründen eine Bank aber verpflichtet sein soll, ihr elektronisches System und dessen Schutz an sich veränderndes Täterwissen, deren Professionalität und deren Vorgehensweisen anzupassen (vgl. dazu auch KG, Urteil vom 29.11.2010 – 26 U 159/09, MMR 2011, 338, 339 f. für das PIN/TAN-Verfahren), sie eine solche Pflicht bei manuell – und damit tendenziell sogar einfacher – zu schützenden Wertgegenständen ihrer Kunden in Schließfächern aber nicht treffen soll, erschließt sich der Kammer nicht.

Fachanwaltliche Rechtsdurchsetzung gegen Banken

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Haftung des Finanzdienstleisters nach dem Urteil des Landgerichts München I vom 24.4.2023 zum Aktenzeichen 32 O 2905/22

Wegen der Pflichtverletzungen bei einer Auskunft zu Kapitalanlagemöglichkeiten hat das Landgericht München I am 24.4.2023 einen Finanzdienstleister zur Zahlung von EUR 3 Millionen Schadenersatz an eine Gemeinde in Baden-Württemberg verurteilt. Es ging um eine Festgeldanlage mit einer Bank als Emittentin, die später in Insolvenz gegangen ist. Der Finanzdienstleister hatte die Bonität der Bank gegenüber der Gemeinde mit A- angegeben, obgleich sie in Wahrheit bei nur bei BBB+ lag. Im Prozess versuchte sich der Finanzdienstleister damit herauszureden, dass er nur der „Makler“ der emittierenden Bank gewesen sei und mit der Gemeinde keinen Anlagevermittlungsvertrag abgeschlossen habe, wenngleich er einräumte, eine Liste mit sehr gut gerateten Festgeldanlagen von Banken der Gemeinde vorgelegt zu haben, bei der die falsche Bonität zur emittierenden und später insolventen Bank angegeben war.

In der Presseerklärung 11 des Landgerichts München I vom 28.4.2023 heißt es (letzter Abruf am 26.1.2025):
„Zwar ergäben sich aus dem zwischen dem Finanzdienstleister und der Bank geschlossenen Maklervertrag grundsätzlich keine vertraglichen Pflichten des Finanzdienstleisters gegenüber der Gemeinde. Ferner könne im Maklervertrag kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, hier der Gemeinde, gesehen werden, der einen Schadensersatzanspruch für die Klägerin rechtfertigen könnte. Auch bei Bestehen eines Maklervertrages könne aber zwischen dem Makler und dem Dritten ein weiteres, vom Maklervertrag unabhängiges Vertragsverhältnis, bestehen. Zwischen der Gemeinde und dem Finanzdienstleister sei insoweit konkludent ein Auskunftsvertrag im Rahmen der Anlagevermittlung geschlossen worden. Der Finanzdienstleister sei gegenüber der Gemeinde nämlich nicht nur als ‚Makler‘, sondern unter der Bezeichnung „Finanzierungen/Anlagevermittlung“ aufgetreten. Er habe so als Vermittler für Finanzprodukte und darüber hinaus durch das Auftreten seiner Mitarbeiterin, als ‚Rating-Analyst (univ.)‘ für sich besondere Sachkunde reklamiert. Die Gemeinde habe durch die Inanspruchnahme der Leistungen des Finanzdienstleisters deutlich gemacht, dass sie auf dessen besondere Sachkunde und seine Verbindungen vertraue. Damit sei zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis geschlossen worden. Der Annahme eines Auskunftsvertrags stehe auch nicht entgegen, dass die Gemeinde selbst keine Zahlungen an den Finanzdienstleister geleistet habe. Es sei anerkannt, dass ein Anlagevermittlungsvertrag bzw. ein Auskunftsvertrag auch unentgeltlich geschlossen werden könne und bei Vermittlern auch regelmäßig unentgeltlich geschlossen werde. Die falsche Auskunft des Finanzdienstleisters sei auch ursächlich für den Anlagenkauf der Gemeinde gewesen. Diese hätte die fragliche Festgeldanlage nicht abgeschlossen, wenn sie zutreffend informiert worden wäre, dass die emittierende Bank tatsächlich nur über ein Rating von BBB+ verfügte. Dabei streite im Rahmen eines Anlagevermittlungsvertrags für die Gemeinde die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Diese Vermutung habe der Finanzdienstleister nicht widerlegen können. Vielmehr habe die Gemeinde die Ursächlichkeit der fehlerhaften Auskunft für ihre Entscheidung nachweisen können. Hierzu führte die Kammer aus: „Die Kammer ist nach der von ihr der durchgeführten Beweisaufnahme der Überzeugung, dass die Klägerin bei Kenntnis des tatsächliche für die Bank bestehenden Ratings BBB+ vom Abschluss des streitgegenständlichen Vertrags mit der Bank Abstand genommen hätte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verfasserin der Pressemitteilung: Vorsitzende Richterin am Landgericht München I  Cornelia Kallert – Pressesprecherin“.

Falsche Auskunftserteilung führt zu Schadensersatz

Dass Anlageberater/-innen und Anlagevermittler/-innen umfassend aufklären müssen und eine Beraterpflicht zu anlegergerechter und objektgerechter Aufklärung sowohl von Verbrauchern/-innen als auch von unternehmerischen und institutionellen Geldanlegern/-innen einschließlich Gemeinden haben, ist seit vielen Jahrzehnten die ständige Rechtsprechung überall in Deutschland. Eine „anlegergerechte“ Beratung berücksichtigt, dass nur Produkte vorgeschlagen werden, die zum Kunden bzw. der Kundin passen, d.h. bei denen der Kunde bzw. die Kundin aufgrund seiner/ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie seiner/ihrer Kenntnisse und Erfahrungen die Folgen seiner/ihrer Anlageentscheidung richtig einschätzen und tragen kann, vergleiche BGH WM 93, 1455 ff, ferner BGH, Urteil zum Aktenzeichen II ZR 133/95. Eine „objektgerechte“ Beratung setzt voraus, dass die Bank oder das Finanzdienstleistungsunternehmen den Kunden/-innen über diejenigen Eigenschaften und Risiken des Anlageobjektes zu informieren hat, die für die konkrete Anlageentscheidung eine Bedeutung haben können.

Risikoaufklärung bei der Anlageberatung und der Anlageempfehlung

Die Rechtsprechung unterscheidet dabei zwischen allgemeinen Risiken wie zum Beispiel der Konjunkturlage und der Entwicklung des Börsenmarktes und so genannten speziellen Risiken, die sich direkt auf das Anlageobjekt beziehen, beispielsweise das Kurs-, Währungs- und Zinsrisiko sowie die beeinflussenden Faktoren dazu. Ebenso spielt die Aufklärung über Insolvenzrisiken der Anbieterseite bei den allgemeinen Risken eine große Rolle. Im vorliegenden Fall einer Festgeldanlage ist das Wichtigste die Bonität der emittierenden Bank.  Dabei ist das Finanzdienstleistungsunternehmen verpflichtet, den Kunden bzw. die Kundin über alle erforderlichen Umstände umfassend, richtig, sorgfältig, verständlich und vollständig aufzuklären. Liegt kein Anlageberatungs- und kein Anlagevermittlungsvertrag vor, nimmt die Rechtsprechung in vielen Fällen wie auch hier das Landgericht München I einen Auskunftsvertrag an, welcher ebenfalls umfangreiche Pflichten für den Finanzdienstleister beinhaltet.

Fachanwalt für Bankrecht und Spezialist für Anlageberaterhaftung

Haben Sie Fragen zum Thema Anlageberaterhaftung oder Anlagevermittlerhaftung? Wurden Ihnen wichtige Informationen vorenthalten oder nur missverständlich oder gar sehr verharmlosend mitgeteilt? Rufen Sie unsere Fachanwaltskanzlei mit Standorten in München und Berlin an unter der Telefonnummer 089/45 21 33 88, vereinbaren Sie über unser Kontaktformular einen Termin für eine Erstberatung oder senden Sie eine Nachricht mit Ihren Fragen an kanzlei@gaebhard.de.

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TAN-Mitteilung am Telefon an Kriminelle: Landgericht Saarbrücken zum Aktenzeichen 1 O 181/20

Eine telefonische Weitergabe einer oder mehrerer TAN im Rahmen des Online-Bankings legt den Vorwurf einer grob fahrlässigen Verletzung von Pflichten der Bankkundenperson aus der entsprechenden Ziffer der Online-Banking Bedingungen nahe, gleichwohl kann der Bankkunde das von Betrügern gestohlene Geld zumindest hälftig auf die Bank abwälzen. Das Landgericht Saarbrücken begründet dies in seinem Urteil vom 9.12.2022 zum Aktenzeichen 1 O 181/20 damit, dass sich der Bankkundenperson bei einer Gesamtschau aller Umstände – das ungewöhnliche telefonische Erfragen mehrerer TAN entgegen der Online-Banking-Bedingungen sowie der Hinweis “IBAN” auf dem TAN-Generator bei dem Generieren der TAN für die Hinzufügung einer fremde IBAN sowie eine auffälligen Änderung des Transaktionslimits – hier aufdrängen musste, dass es sich nicht um einen regulären Vorgang, sondern um einen Betrug handelte. Diese Verletzung der Geheimhaltungspflichten sei auch ursächlich geworden für den eingetretenen Schaden.

Opfer von Betrug beim Online-Banking – Fachanwalt für Bankrecht hilft

Das Landgericht Saarbrücken unterstreicht in seinem Urteil vom 9.12.2022 zum Aktenzeichen 1 O 181/20, dass „sich eine pauschale Bewertung verbietet“, vielmehr seien „sämtliche Umstände des Einzelfalls zu würdigen.“ Das Gericht führt aus: „Maßstab ist, dass wenn sich jedem Zahlungsdienstenutzer in der entsprechenden Situation sowie dem betroffenen Zahlungsdienstenutzer ganz individuell geradezu aufdrängen musste, dass es sich nicht um einen regulären Vorgang handeln kann, grobe Fahrlässigkeit vorliegt  (…). Ausgangspunkt für diese Wertung ist zunächst die zwischen den Parteien getroffene Rahmenvereinbarung, welche ausdrücklich darauf hinweist, dass TAN nicht außerhalb des Online-Banking mündlich (z. B. per Telefon) weitergegeben werden dürfen. Zwar hat die Zeugin … bekundet, dass in der Vergangenheit es auch zu telefonischen Kontakten mit Mitarbeitern der Beklagten, gerade einem Herrn …, gekommen sei, weshalb die telefonische Kontaktaufnahme nicht ungewöhnlich gewesen sei. Jedoch hat auch die Zeugin eingeräumt, dass es bei diesen Kontakten weder nach der PIN, noch nach einer TAN gefragt worden sei. Daher mag der telefonische Kontakt per se nicht ungewöhnlich gewesen sein, wohl aber die Aufforderung, eine oder sogar mehrere TAN weiterzugeben. Diese Auffälligkeiten werden noch verstärkt durch den konkreten Ablauf bei Generierung der TAN, die zum Hinzufügen einer IBAN zu der White-List benötigt wurden. Wie die Zeugin … und der Zeuge … mit dem TAN-Generator übereinstimmend in der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2021 demonstriert haben ist hierfür nach dem Drücken der Taste mit der Beschriftung ‚TAN‘ zunächst erforderlich, einen Startcode einzugeben. Im Anschluss erscheint im Display die Anzeige ‚IBAN‘, woraufhin man eine weitere zehnstellige Nummer (die letzten zehn Ziffern der hinzuzufügenden IBAN) eingeben muss. Erst im Anschluss wird durch den Generator eine TAN generiert. Bei einer Gesamtschau aller Umstände – das ungewöhnliche telefonische Erfragen mehrerer TAN entgegen der Online-Banking-Bedingungen sowie der Hinweis ‚IBAN‘ auf dem TAN-Generator bei dem Generieren der TAN – musste sich der Zeugin, welche schon seit langer Zeit Online-Banking nutzt und der bekannt war, dass mittels einer TAN auch ein Zahlungsvorgang freigegeben werden kann, daher aufdrängen, dass es sich nicht um einen regulären Vorgang sondern nur um einen Betrug handelte. Von daher ist eine grobe Fahrlässigkeit der Zeugin … anzunehmen.“

Fachanwalt für Bankrecht holt die Erstattung von der Bank

Im hier zu entscheidenden Fall kam erschwerend zu Lasten der Bank hinzu, dass ein technisches internes Schutzsystem der Bank eine Reihe von Echtzeitüberweisungsversuchen der Betrugstäter zurückgewiesen hat, Stunden später erfolgte neue Überweisungsversuche auf die gleiche Betrüger-IBAN jedoch ausgeführt wurden. Das Landgericht Saarbrücken führt im Urteil vom 9.12.2022 zum Aktenzeichen 1 O 181/20 grundlegend folgendes aus und nimmt ein Mitverschulden der Bank von 50 % mit folgender Begründung an: „Die Beklagte muss sich ein anspruchsminderndes Mitverschulden in Höhe von 50 % anrechnen lassen, beschränkt aber auf die Überweisungen, die ab 22:40 Uhr erfolgten. aa) Diesbezüglich gilt in rechtlicher Hinsicht, dass ein Mitverschulden des Zahlungsdienstleisters beim Onlinebanking bestehen kann, wenn keine ausreichende Systemsicherheit gewährleistet wird, da der Dienstleister zur Bereitstellung eines technisch sicheren Onlinebanking-Systems verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 24.04.2012 − XI ZR 96/11, NJW 2012, 2422; MüKoBGB/Zetzsche, 9. Aufl. 2023, BGB § 675 v Rn. 58; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Herresthal, 3. Aufl. 2020, 3. Kap. BGB § 675v Rn. 72). Bezogen auf die konkreten Pflichten des Zahlungsdiensteleisters wurde etwa ein Mitverschulden angenommen, wenn etwa ein veraltetes Authentifizierungsverfahren verwendet wird, welches nicht mehr dem Stand der Technik entspricht (so für das einfache TAN Verfahren KG, Urteil vom 29.11.2010 – 26 U 159/09, BeckRS 2010, 31105; Köbrich, VuR 2015, 9). Auch kann ein Mitverschulden angenommen werden, wenn der Zahlungsdiensteleister mit Ausführung des Zahlungsvorgangs den mit dem Zahler vereinbarten Verfügungsrahmen überschreitet (BGH, Urteil vom 24.04.2012 − XI ZR 96/11, NJW 2012, 2422; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Herresthal, 3. Aufl. 2020, 3. Kap. BGB § 675v Rn. 71). bb) Des Weiteren kann ein Mitverschulden in Betracht kommen, wenn das Kreditinstitut gegen eine zum Schutz des Kunden bestehende Warnpflicht verstoßen hat. Eine solche ist hingegen nur in Ausnahmefällen anzunehmen. Kreditinstitute werden im bargeldlosen Zahlungsverkehr nur zum Zweck der technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Abwicklung tätig und haben sich schon wegen dieses begrenzten Geschäftszwecks und der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge grundsätzlich nicht um die beteiligten Interessen ihrer Kunden zu kümmern. Eine Warnpflicht besteht erst dann, wenn die Bank ohne nähere Prüfung im Rahmen der normalen Bearbeitung eines Zahlungsverkehrsvorgangs auf Grund einer auf massiven Verdachtsmomenten beruhenden objektiven Evidenz den Verdacht einer Veruntreuung bzw. Fremdschädigung des Kunden schöpft (BGH, Urteil vom 24.04.2012 − XI ZR 96/11, NJW 2012, 2422;Ellenberger/Bunte BankR-HdB, § 33. Bankgeschäfte online Rn. 128). Hierbei kann auch zu berücksichtigen sein, wenn auffällige Verfügungen im Minutentakt erfolgen und keine Rückfrage erfolgt, ob diese Verfügungen bekannt sind (OLG Bremen, Beschluss vom 19.05.2021 – 1 W 4/21, NJW-RR 2021, 1063). cc) Nach diesen rechtlichen Maßstäben muss sich die Beklagte im vorliegenden Fall betreffend die Überweisungen, welche am 12.04.2020 ab 22:40 Uhr erfolgten ein Mitverschulden anrechnen lassen.“

Gerne berät unsere Fachanwaltskanzlei DR. GÄBHARD RECHTSANWALTSKANZLEI Sie umfassend, welche Rechtsposition Sie als geschädigter Bankkunde haben, wenn Sie das Opfer von Betrügern mittels Telefonanrufen, Phishing, Rücküberweisungstrojanern, gefälschten Faxsendungen oder Briefpostaufträgen, Datendiebstahl durch Handy-SIM-Card-Kopie, Hacking von Wallets oder Banking-Apps oder sonstiger Methoden geworden sind und sicherstellen wollen, dass die Bank Ihnen den Schaden wegen des unsicheren technisch mangelhaften und veralteten Sicherheitssystems der Bank erstattet. Wir führen erfolgreich außergerichtliche Korrespondenzen mit Banken und Sparkassen durch und sorgen dafür, dass Sie passend zu Ihrem Fall und den rechtlichen Voraussetzungen dabei schadensneutral gestellt werden oder zumindest nur einen kleinen Teilschaden tragen müssen.

Gerne prüfen wir für Sie schnell und lösungsorientiert die rechtlichen Möglichkeiten und vertreten Ihre rechtlichen Interessen und setzen professionell und engagiert Ihre Rechte durch!

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Gefälschte Mails mit Zahlungsanweisungen – Geld weg: Darlegungs- und Beweislast bei der Bank nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12.4.2022 zum Aktenzeichen 17 U 823/20

Nimmt ein Bankmitarbeiter wie hier auf der Grundlage von per E-Mail erhaltenen Zahlungsanweisungen nach vorheriger Umbuchung vom Tagesgeldkonto auf das Girokonto insgesamt 13 manuelle Überweisungen vom Girokonto der Klägerin an die jeweiligen Rechnungssteller im Ausland vor, hier insgesamt über EUR 255.000,00 und geht es darum, ob die Bankkundin die 13 genannten Zahlungen vom ihrem Girokonto autorisiert hat, trägt die Bank das Darlegungs- und Beweisrisiko, dass sich die Bank richtig verhalten hat. Diese Entscheidung ist sehr hilfreich für die Bankkundin, die dadurch schadensfrei gestellt wurde. Es ging in dem Fall um angebliche E-Mails der Bankkundin nebst angehängten – gefälschten – Rechnungsunterlagen, die von dieser jedoch nie versendet worden sind, sondern durch unbekannte Dritte manipuliert wurden. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit seinem Urteil vom 12.4.2022 zum Aktenzeichen 17 U 823/20 die anderslautende erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und klargestellt, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs außerhalb des Anwendungsbereichs des § 675w BGB den Zahlungsdienstleister, also die Bank, trift. Dies gilt unabhängig davon, ob der Zahlungsdienstleister einen Aufwendungsersatzanspruch hat oder der Zahler einen Erstattungsanspruch geltend macht.

Fachanwalt für Bank hilft bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen

Das Oberlandesgericht Karlsruhe führt in seinem Urteil vom 12.4.2022 zum Aktenzeichen 17 U 823/20  aus: „Gemäß § 675c Abs. 1 BGB aF sind auf einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Erbringung von Zahlungsdiensten zum Gegenstand hat, die §§ 663, 665 bis 670 und 672 bis 674 BGB entsprechend anzuwenden, soweit in den §§ 675c ff. BGB aF nichts Abweichendes bestimmt ist. Nach dem Wortlaut des § 675c Abs. 1 BGB aF, der gesetzessystematischen Stellung des Untertitels über Zahlungsdienste und tradierter Rechtsauffassung handelt es sich bei der Erbringung von Zahlungsdiensten um Geschäftsbesorgungsverträge (BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 – XI ZR 290/11 –, BGHZ 193, 238-260, Rn. 20; Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 675c Rn. 8). Soweit das Ergebnis nicht in Widerspruch zur Zahlungsdiensterichtlinie steht, gilt gemäß § 675c Abs. 1 BGB aF subsidiär nicht nur das kodifizierte Auftragsrecht, sondern – weiterhin – auch die hierzu ergangene Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 – XI ZR 290/11 –, BGHZ 193, 238-260, Rn. 20; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. November 2020 – XI ZR 294/19 –, BGHZ 227, 343-365, Rn. 19). Nach den vor Inkrafttreten des Zahlungsverkehrsrechts im Überweisungsverkehr geltenden Grundsätzen oblag in einem Geschäftsbesorgungsvertrag dem Beauftragten die Beweislast für die ordnungsgemäße Auftragsausführung nicht nur dann, wenn er Aufwendungsersatzansprüche nach §§ 675, 670 BGB geltend machte, sondern auch dann, wenn er Rückerstattungsansprüche des Auftraggebers nach §§ 675, 667 BGB bestritt (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 – III ZR 336/89 –, NJW-RR 1991, 575; BGH, Urteil vom 13. Juni 1995 – XI ZR 154/94 –, BGHZ 130, 87-96). Da nur die Ausführung von autorisierten Aufträgen des Geschäftsherrn einen Aufwendungsersatzanspruch auslöste und das Fälschungsrisiko das Kreditinstitut zu tragen hatte (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1994 – XI ZR 238/93 –, NJW 1994, 3344, Rn. 14; BGH, Urteil vom 13. Mai 1997 – XI ZR 84/96 –, NJW 1997, 2236; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. November 2020 – XI ZR 294/19 –, BGHZ 227, 343-365, Rn. 19), hatte der Zahlungsdienstleister die Echtheit des Zahlungsauftrags nachzuweisen. Diese Beweislastverteilung gilt im Anwendungsbereich des Zahlungsdiensterechts fort.“

Fachanwaltliche Rechtsdurchsetzung bei betrügerischen Abbuchungen vom Konto

Sind Sie das Opfer von Bankbetrug geworden und fragen sich, wie Sie sich verhalten sollen und welche Rechte Sie haben? Haben Straftäter sich Geldbeträge von Ihren Bankkonten durch gefälschte Auftragserteilungen an Ihre Bank zugeeignet? Unsere Fachanwaltskanzlei DR. GÄBHARD RECHTSANWALTSKANZLEI nimmt gerne die Prüfung der Sach- und Rechtslage vor und berät Sie zum Vorgehen gegen die Bank und gegen die Straftäter und unterstützt Sie, damit Sie schadensfrei gestellt werden.

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Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5.5.2022, Az. III ZR 131/20, zum Kapitalanlagebetrug gemäß § 264 a StGB: Anlegerschutz bei einer unrichtigen vorteilhaften Prospektangabe im Prospekt?

Haften Vorstandsmitglieder nach § 823 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in Verbindung mit § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB (Strafgesetzbuch) persönlich Anlegern auf Schadensersatz für Fehler in den Wertpapierprospekten des emittierenden Unternehmens? Nach dem neuen Urteil des Bundesgerichtshofes vom 5.5.2022 zum Aktenzeichen III ZR 131/20, zu dem jetzt die Begründung vorliegt, sind Vorstandsmitglieder persönlich dafür verantwortlich und haften auf Schadensersatz, wenn im Wertpapierprospekt falsche bilanzielle Bewertungen von Forderungen des Unternehmens enthalten sind, die im konkreten Einzelfall eine große Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg des Geschäftskonzeptes und damit für die Entscheidung eines Kapitalanlegers haben können. Dabei können sich die Vorstandsmitglieder auch nicht in einem angeblichen Tatbestandsirrtum in der Weise herausreden, dass sie nicht erkennen hätten können, dass falsche Angaben in zweistelliger Millionenhöhe im Prospekt fehlerhafterweise enthalten waren. Vorstandsmitglieder können sich in solchen Fällen auch nicht darauf berufen, ihre Mitarbeiter hätten in ständigem Kontakt mit den Wirtschaftsprüfern des Unternehmens gestanden oder man habe später Presseerklärungen mit teilweisen Berichtigungen zu den Wertansätzen herausgegeben.

Haftung von Vorständen auf Schadensersatz – Fachanwalt hilft!

Der Kläger, ein Kapitalanleger, hatte 2010 und 2011 Anleihen des fraglichen Unternehmens, das im Immobiliensektor tätig war, erworben. Die Wertpapierprospekte zu den Emissionen haben ihm beim Erwerb ein falsches Bild von der Finanz- und Ertragslage des Unternehmens in den Geschäftsjahren 2008 und 2009 vermittelt. Dies hatte die Geschäftsleitung zugelassen, um dadurch die Anleihen besser vermarkten zu können. Das Unternehmen, so der Vortrag des Klägers, sei bereits Mitte 2008 zahlungsunfähig und insolvenzreif gewesen. Hätte der Kläger dies gewusst, hätte er zu keinem Zeitpunkt auch nur eine einzige Anleihe des Unternehmens erworben.

Wirtschaftsprüferbestätigungsvermerk entlastet nur den redlichen Vorstand

Der Bundesgerichtshof führt in seiner Entscheidung vom 5.5.2022 zum Aktenzeichen III ZR 131/20 zunächst aus, dass ein Vorstand, der sich mit der Begehung von Kapitalanlagebetrug strafbar macht, auch zivilrechtlich den geschädigten Kapitalanlegern auf Schadensersatz haften kann. Die Leitsätze des Urteils lauten:

„a) § 264a StGB ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers. Ein Schadensersatzanspruch nach § 823Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB scheidet nicht schon dann aus, wenn ein Wertpapier über den (Börsen-)Handel unter den Marktteilnehmern, also über den Sekundärmarkt, erworben wird (Fortführung von Se-nat, Urteil vom 11. April 2013 – III ZR 79/12, WM 2013, 1016 Rn. 37; BGH, Urteile vom 21. Oktober 1991 – II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 13 f; vom 19. Juli 2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 141; vom 1. März 2010 – II ZR 213/08, WM 2010, 796 Rn. 23 f; vom 24. Juni 2014 – VI ZR 560/13, WM 2014, 1470 Rn. 24; vom 12. Mai 2015 – VI ZR 102/14, WM 2015, 1562 Rn. 24 und vom 22. Dezember 2015 – VI ZR 101/14, juris Rn. 25).

b) Bei einer auf eine fehlerhafte bilanzielle Bewertung einer (möglicherweise) risikobehafteten Forderung zurückzuführenden unrichtigen vorteilhaften Angabe in einem Prospekt im Sinne des § 264a Abs. 1 StGB kann die Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks durch einen Wirtschaftsprüfer bei einem – redlichen – Vorstandsmitglied einer Kapitalgesellschaft, das alle Aufklärungen und Nachweise, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind, erteilt respektive durch nachgeordnete Mitarbeiter oder von ihm beauftragte Dritte erteilen lässt, die Annahme eines vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtums begründen.

c) Zu der durch Lebenserfahrung begründeten Vermutung der Ursächlichkeit eines Prospektfehlers für die Anlageentscheidung.“

Wie zu lesen ist, erklärt das oberste Zivilgericht, dass sich nur ein redlicher Vorstand bzw. Geschäftsleiter auf einen Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers zu seiner eigenen Entlastung berufen kann. Hat der Vorstand unredlicherweise dem Wirtschaftsprüfer des Unternehmens falsche Angaben gemacht und wichtige Tatsachen verschwiegen, kann sich der Vorstand nicht auf einen Tatbestandsirrtum berufen und die Schuld dem Wirtschaftsprüfer zuschieben.

Fachanwaltliche Rechtsdurchsetzung bei Kapitalanlagebetrug § 264a StGB

Wollen Sie wissen, ob Sie das Opfer von Kapitalanlagebetrug gemäß § 264a StGB geworden sind? Frau Rechtsanwältin Dr. Gäbhard hat über Kapitalanlagebetrug promoviert: „Das Tatbestandsmerkmal der ‚wesentlichen Umstände’ beim Kapitalanlagebetrug gemäß § 264 a StGB“ Dabei wurde von ihr im Jahr 1993 eine wissenschaftliche juristische Definition der „wesentlichen Umstände“ entwickelt. Diese lautet: „Für die Erwerbs- bzw. Erhöhungsentscheidung des Anlegers ‚erheblich‘ ist jeder Umstand, der für die konkrete Kapitalanlage ein über das allgemeine Unternehmerrisiko hinausgehende spezielles Risiko innerhalb des Beteiligungsverhältnisses oder hinsichtlich der Realisierbarkeit des entworfenen Kapitalanlageangebotes im Rahmen einer Ex-Ante Betrachtung bedeuten kann.“ Siehe dazu gerne auch:

https://www.gaebhard.de/ueber-uns/

Wenn Sie Fragen im Zusammenhang mit Ihrer Kapitalanlage und den in Betracht kommenden Haftungsgegnern haben, kontaktieren Sie uns! Gerne prüfen wir für Sie schnell und lösungsorientiert die rechtlichen Möglichkeiten und vertreten Ihre rechtlichen Interessen und setzen professionell und engagiert Ihre Rechte durch!

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Schadensersatz gemäß des Urteils vom Bundesgerichtshof vom 5.5.2022 zum Aktenzeichen III ZR 327/20 „Bombensichere Kapitalanlage

Eine Finanzanlage darf von der Anlageberatungsgesellschaft nicht als „sicher“ oder als „bombensicher“ bezeichnet werden, wenn ungewiss ist, ob die Kapitalanlegerin – hier eine Lehrerin – nach dem Ablauf der vereinbarten Zeit für die Gebrauchsüberlassung von technischen Geräten – hier Datenspeichersysteme der EN Storage GmbH – die versprochene Zahlung erhält. Das Amtsgericht Stuttgart hatte unter dem Aktenzeichen 6 IN 190/17 am 2.5.2017 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der EN Storage GmbH eröffnet. Die Klägerin hatte Schadensersatz gegen ihre Anlageberatungsfirma geltend gemacht, weil diese ihre Pflicht, die Anlegerin anlegergerecht und objektgerecht zu beraten, nicht erfüllt hat und der Anlegerin eine falsche Sicherheit der Kapitalanlage vorgespiegelt hat.

Kauf- und Überlassungsverträge bezüglich IT-Systemen mit der EN Storage GmbH

Die der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrunde liegende Kapitalanlage war so konzipiert gewesen, dass die Anlegerinnen und Anleger Kauf- und Überlassungsverträge zu IT-Systemen mit der EN Storage GmbH abschlossen. Von der Einzahlung der Anlegerinnen und Anleger wurden die Systeme gekauft, dann an irgendwelche den Kapitalanlegerinnen und Kapitalanlegern unbekannte Kunden vermietet und schließlich am Ende der – hier dreijährigen – Laufzeit sollte es eine hohe Schlusszahlung geben. Diese sollte daher kommen, dass die erworbenen IT-Systeme von der EN Storage GmbH dem jeweiligen Anleger bzw. der jeweiligen Anlegerin wieder abgekauft werden würden und die Anlegerinnen und Anleger sollten somit neben der regelmäßigen Mieteinnahmen eine hohe Schlusszahlung als sogenannten Rückkaufwert erhalten. Die Anlageberatungsgesellschaft gab diese Informationen ungeprüft so an die Anlegerin weiter und teilte dieser nicht mit, dass der Kauf- und Überlassungsvertrag keine feste Rückkaufverpflichtung der EN Storage GmbH enthielt. Stattdessen wurde bei der Klägerin, der Lehrerin, der Eindruck erweckt, dass die Mietzahlungen und insbesondere auch der Rückkauf und somit die hohe Schlusszahlung sicher sei, es fiel sogar der Begriff „bombensicher“.

Falschberatung führt zu Schadensersatz vom Anlageberater

Dass Anlageberater/-innen und Anlagevermittler/-innen umfassend aufklären müssen und eine Beraterpflicht zu anlegergerechter und objektgerechter Aufklärung sowohl von Verbrauchern/-innen als auch von unternehmerischen und institutionellen Geldanlegern/-innen haben, ist seit vielen Jahrzehnten die ständige Rechtsprechung überall in Deutschland. Eine „anlegergerechte“ Beratung berücksichtigt, dass nur Produkte vorgeschlagen werden, die zum Kunden bzw. der Kundin passen, d.h. bei denen der Kunde bzw. die Kundin aufgrund seiner/ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie seiner/ihrer Kenntnisse und Erfahrungen die Folgen seiner/ihrer Anlageentscheidung richtig einschätzen und tragen kann, vergleiche BGH WM 93, 1455 ff, ferner BGH, Urteil zum Aktenzeichen II ZR 133/95. Eine „objektgerechte“ Beratung setzt voraus, dass die Bank oder das Finanzdienstleistungsunternehmen den Kunden/-innen über diejenigen Eigenschaften und Risiken des Anlageobjektes zu informieren hat, die für die konkrete Anlageentscheidung eine Bedeutung haben können. Die Rechtsprechung unterscheidet dabei zwischen allgemeinen Risiken wie zum Beispiel der Konjunkturlage und der Entwicklung des Börsenmarktes und so genannten speziellen Risiken, die sich direkt auf das Anlageobjekt beziehen, beispielsweise das Kurs-, Währungs- und Zinsrisiko sowie die beeinflussenden Faktoren dazu. Ebenso spielt die Aufklärung über Insolvenzrisiken der Anbieterseite bei den allgemeinen Risken eine große Rolle. Im vorliegenden Fall sind besondere Risiken die gesamte Thematik rund um das Thema Übereignung der IT-Systeme und um das Thema Rückkauf der gebrauchten IT-Systeme durch die Anbieterseite vom Anleger bzw. der Anlegerin. Dabei ist das Finanzdienstleistungsunternehmen verpflichtet, den Kunden bzw. die Kundin über alle erforderlichen Umstände umfassend, richtig, sorgfältig, verständlich und vollständig aufzuklären.

Haben Sie Fragen zum Thema Anlageberaterhaftung oder Anlagevermittlerhaftung? Wurden Ihnen wichtige Informationen vorenthalten oder nur missverständlich oder gar sehr verharmlosend mitgeteilt? Rufen Sie unsere Fachanwaltskanzlei mit Standorten in München und Berlin an unter der Telefonnummer 089/45 21 33 88, vereinbaren Sie über unser Kontaktformular einen Termin für eine Erstberatung oder senden Sie eine Nachricht mit Ihren Fragen an kanzlei@gaebhard.de.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.2.2022, Az. XII ZB 38/21: Vermögenswert eines Partnerschafts-Gesellschaftsanteils im Bereich des Goodwills etc.

Auch wenn der Gesellschaftsanteil einer Partnerschaft nicht veräußerbar ist, kann die Rechtsposition u.a. aufgrund des Goodwills der Partnerschaft sehr werthaltig sein, hat der Bundesgerichtshof in seinem neuem Beschluss vom 23.2.2022 zum Aktenzeichen XII ZB 38/21 entschieden. Bei der Entscheidung ging es um die Rechtspflichten zur Auskunft und Belegvorlage im Zugewinnausgleichsverfahren bei Beteiligung des auskunftspflichtigen Ehegatten an einer Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern. Der Bundesgerichthof führt dazu aus:

„Bei dem Gesellschaftsanteil an der P-mbB handelt es sich unzweifelhaft um einen Vermögenswert, der dem Ehemann sowohl zum Trennungs- als auch zum Endvermögensstichtag zustand. Da die Kündigung erst nach dem Endvermögensstichtag erklärt wurde und der Ehemann erst mit Ablauf des 30. September 2019 aus der P-mbB ausschied, kann der stattdessen vom Amtsgericht angeführte, infolge des Ausscheidens entstandene Anspruch auf Ausgleich des für den Ehemann geführten Kapitalkontos nicht maßgeblich sein. An diesem zeigt sich vielmehr hinreichend deutlich, dass die zuvor bestehende Gesellschaftsbeteiligung auch werthaltig war.

Dass der Gesellschaftsanteil nicht veräußerbar war, stellt dessen Werthaltigkeit nicht in Frage. Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich der Umstand, dass die Unternehmensbeteiligung zwar voll nutzbar, aber nicht frei verwertbar ist, für die Bewertung im Zugewinnausgleich lediglich wertmindernd auswirken (Senatsurteil vom 25. November 1998 – XII ZR 84/97 – FamRZ 1999, 361, 362 mwN). Dass der Goodwill von Seiten der Gesellschaft beim Ausscheiden eines Partners nicht entschädigt oder vergütet worden ist, schließt einen solchen im Übrigen nicht aus. Denn der Ehemann war nicht gehindert, seine Mandanten auch in der neuen Partnerschaftsgesellschaft zu betreuen. Dass der Ehemann keinen Rechtsanspruch auf die Übernahme der Mandanten hatte, liegt, wie von der Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend angeführt, in der Natur der Sache und ist auch nicht erforderlich, um als Goodwill in die Bewertung einfließen zu können. Dementsprechend liegt auch keine Ausnahme von der Auskunftsverpflichtung wegen feststehender Unerheblichkeit der Auskünfte vor. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang bei der Bewertung des Gesellschaftsanteils ein Goodwill zu veranschlagen ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 188, 282 = FamRZ 2011, 622 und BGHZ 188, 249 = FamRZ 2011, 1367) und sich das zeitnahe spätere Ausscheiden des Ehemanns auf den Wert niederschlagen kann, bleibt mithin der Zahlungsstufe vorbehalten. Gleiches gilt für das von der Rechtsbeschwerde angeführte Verbot der Doppelberücksichtigung in Zugewinn und Unterhalt und die zu vermeidende Kapitalisierung künftiger Gewinne.

Der Bundesgerichtshof stellt somit klar, dass es auch bei Regelungen im Gesellschaftsvertrag einer Partnerschaft, nach denen kein Ausgleich und keine Abfindung für einen ausscheidenden Partner bzw. eine ausscheidende Partnerin vorgesehen ist, dem betroffenen Partner bzw. der betroffenen Partnerin gleichwohl kommerzialisierungsfähige hohe Vorteile zustehen, insbesondere aufgrund des Goodwills und der Mandanten-/Mandantinnen-Mitnahme etc.. Diese wirtschaftlich bewertungsfähigen Vorteile sind dann im Zugewinnausgleichsverfahren entsprechend zu berücksichtigen, deshalb ist der betreffende Partner bzw. ist die betreffende Partnerin im Scheidungsverfahren auskunftspflichtig. Diese im familienrechtlichen Ausgangskontext ergangene Entscheidung belegt einmal mehr die hohe Werthaltigkeit von Partnerschaftsanteilen von Freiberuflergemeinschaften, hier an einer Anwalts- und Steuerberaterkanzlei.

Fachanwalt hilft Freiberuflern beim Ausscheiden und bei der Berechnung der Abfindung

Sind Sie Freiberufler und möchten Sie wissen, was alles in die Berechnung der Abfindung beim Ausscheiden aus einer Berufsausübungsgemeinschaft einfliesst? Wenn Sie überlegen, die Zugehörigkeit zu Ihrer Berufsausübungsgesellschaft zu beenden, sprechen Sie uns gerne an! Wir informieren Sie, ob eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung oder das Verhandeln einer Aufhebungsvereinbarung zum Ausscheiden sinnvoll sind und beraten Sie zu Ihren rechtlichen Möglichkeiten in Ihrem konkreten und individuellen Einzelfall. Geht es um die Berechnung der Höhe einer Abfindung oder eines Auseinandersetzungsguthabens und um die Fälligkeiten für die Auszahlungsteilbeträge oder die Fälligkeit einer Einmalzahlung, informieren wir Sie über die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, und prüfen, ob die diesbezüglichen Klauseln in Ihrem Gesellschaftsvertrag rechtswirksam oder nichtig sind und wir beraten Sie zu den rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen.

Weitere Informationen finden Sie auch auf unserer Webseite zum Freiberuflerrecht unter:

https://www.gaebhard.de/rechtsgebiete/freiberuflerrecht/

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.01.2022, Az. III ZR 210/20: UG-Geschäftsführer haftet für die „Altersvorsorge“-Vermarktung einer Blind-Pool-Beteiligung in Start-Ups

Der Geschäftsführer und Inhaber einer Finanzdienstleistungs-Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), also einer UG (haftungsbeschränkt), haftet persönlich mit seinem Privatvermögen einem Anleger auf Schadenersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung, wenn er wie hier bei der Anlageberatung nicht offenlegt, dass er nicht als Einzelperson, sondern im Rahmen seiner Anlagevermittlungs-Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) auftreten möchte und wenn er eine hochspekulative Totalverlustrisikoinvestition ohne entsprechende Aufklärung über die Risiken vermittelt. Der Bundesgerichtshof hat seiner Entscheidung vom 13.1.2022 zum Aktenzeichen III ZR 210/20 folgenden Leitsatz vorangestellt:

Weist eine Unternehmergesellschaft im Sinne von § 5a GmbHG nicht – wie im Gesetz vorgesehen – ihre Rechtsform und die Haftungsbeschränkung in der Firma aus, haftet ihr im Rechtsverkehr auftretender Vertreter für den dadurch erzeugten unrichtigen Rechtsschein gemäß § 311 Abs. 2 und 3, § 179 BGB analog (Anschluss an BGH, Urteil vom 12. Juni 2012 – II ZR 256/11).

Der Kläger in der Entscheidung ist ein Kapitalanleger. Der Beklagte war alleiniger Gesellschafter, Inhaber und Geschäftsführer seiner Anlageberatungs- und Vermittlungsgesellschaft in der Rechtsform einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) gemäß § 5 a GmbHG. Bei der Kapitalanlage, welche der Beklagte dem Kläger als Altersvorsorge vermittelte, ging es um eine über eine Treuhandkommanditistin gehaltene Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft, welche ihrerseits in einen als Blind Pool konzipierten Fonds investierte, der als Investor am Private Equity Markt auftreten und sich mit dem eingelegten Kapital an kleineren und mittleren, nicht börsennotierten Start-Up-Unternehmen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein beteiligen sollte. Hinzu kamen weitere Kapitalanlage- und Versicherungsgeschäfte, die in ein Gesamtsystem integriert waren, das der Kläger unterzeichnete. Die Kommanditgesellschaft wurde 2017 liquidiert und der Kläger verlor sein gesamtes eingelegtes Kapital und musste sogar noch eine ausstehende Pflichteinlage im Gesamtsystem nachzahlen.

Schadensersatz wegen Ungeeignetheit einer Blindpool-Kapitalanlage für die Altersvorsorge

Im vorliegenden Fall lag ein Blind Pool-Geschäft vor, weil das Geld des Anlegers letztlich in unternehmerische Beteiligungen an diversen kleineren und mittleren Existenzgründungsunternehmen investiert werden sollte. Welche Unternehmen dies genau sein würden, war zum Zeitpunkt des Erwerbs der Kapitalanlage durch den Kläger vollkommen offen. Der 3. Zivilsenat des Bundesgerichthofs führt in den Entscheidungsgründen in seinem Urteil vom 13.1.2022 zum Aktenzeichen III ZR 210/20 zur Falschberatung bei einem solchen Blindpool-Geschäft aus:

Auf der Grundlage dieses Vortrags kommt eine Verletzung der Pflicht zu anleger- und objektgerechten Beratung ohne weiteres in Betracht. Der Fonds war für Anleger auf der Suche nach einer Beteiligung zur Altersvorsorge nicht geeignet (vgl. Emissionsprospekt S. 10, Anlage K 5). Der als Blindpool aufgelegte Fonds investierte das eingelegte Kapital in neugegründete oder junge technologieorientierte Unternehmen und setzte dabei auf deren zukünftige Entwicklung. Hierbei handelte es sich um ein hochriskantes Investment, dem ein beträchtliches Risiko des Totalverlustes innewohnte. Der Beklagte hätte die Anlage daher weder als sicher bezeichnen noch einem Anleger empfehlen dürfen, der in seine Altersvorsorge investieren wollte.

Kein Hinweis auf die UG (haftungsbeschränkt) bei der Anlageberatung

In seiner Entscheidung vom 13.1.2022 zum Aktenzeichen III ZR 210/20 führt der Bundesgerichtshof dann weiter aus, dass bei unternehmensbezogenen Geschäften wie der Anlageberatung hier zwar generell der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin gehe, dass der Betriebsinhaber – vertreten durch den Handelnden – Vertragspartner werden solle, „sofern der Handelnde sein Auftreten für ein Unternehmen hinreichend deutlich macht (zB Senat, Urteile vom 10. Juni 2021 – III ZR 38/20, NJW-RR 2021, 1223 Rn. 14 und vom 27. Oktober 2005 – III ZR 71/05, NJW-RR 2006, 109 Rn. 17).“ Die Vorinstanz habe aber übersehen, dass eine persönliche Haftung des Beklagten deswegen in Betracht komme, weil der Beklagte dem Kläger gegenüber die Haftungsbeschränkung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) nicht zum Ausdruck brachte, vielmehr sogar weitgehend den Rechtsformzusatz “UG” nicht führte:

aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet der für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Geschäftsverkehr Auftretende – gleichgültig, ob er der Geschäftsführer oder ein anderer Vertreter ist – wegen Verstoßes gegen § 4 GmbHG unter Rechtsscheingesichtspunkten analog § 179 BGB dann, wenn er durch sein Zeichnen der Firma ohne Formzusatz das berechtigte Vertrauen des Geschäftsgegners auf die Haftung mindestens einer natürlichen Person hervorgerufen hat (BGH, Urteil vom 5. Februar 2007 – II ZR 84/05, WM 2007, 833 Rn. 14 mwN). § 179 BGB begründet insoweit keine allgemeine, verhaltenspflichtenorientierte Rechtsscheinhaftung, sondern eine schuldunabhängige Garantiehaftung, die allein auf dem Umstand basiert, dass die unmittelbar auftretende Person durch die dem Vertragspartner gegenüber abgegebene sachlich unzutreffende Erklärung den Vertrauenstatbestand geschaffen hat, ihm hafte zumindest eine (natürliche) Person unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen (BGH aaO Rn. 17). Ob der Vertreter dabei Unterlagen verwendet hat, die er selbst zur Verfügung gestellt bekommen hat, ist ohne Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1991 – II ZR 293/90, NJW 1991, 2627, 2628). Es ist vielmehr seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das Unternehmen, für das er handelt, korrekt bezeichnet wird.

Der Bundesgerichtshof verwies den Fall an die Vorinstanz zur weiteren Aufklärung und Entscheidung zurück, da noch Detailfragen zum Anlegerhorizont des Klägers, also zu dessen Vorwissen zu hochspekulativen Blind Pool-Investitionen, sowie zu deliktischen Tatbeständen und zu Verjährungsfragen zu klären gewesen sind.

Haftungsdurchgriff auf den Geschäftsführer der Anlageberatungsfirma

Der Fall ist sehr erfreulich für Kapitalanleger und Kapitalanlegerinnen, da er die Rechtsprechung zum Durchgriff auf das Privatvermögen bei GmbHs und Unternehmergesellschaften (haftungsbeschränkt) ergänzt um die Klarstellung, dass es der Durchgriffshaftungsgrundsätze gar nicht bedarf, wenn der Geschäftsführer und Inhaber der Gesellschaft beim Kapitalanleger als natürliche Person auftritt. Das ist dann der Fall, wenn er auf den schriftlichen Unterlagen, in der Korrespondenz und bei Mails als Privatperson oder Einzelunternehmer auftritt und nicht offenlegt, dass er eine UG (haftungsbeschränkt) besitzt und möchte, dass diese die Anbieterin und Vertragspartnerin für die Kapitalanlageberatung und -vermittlung ist. Dies kann für Anleger von großem Vorteil sein, wenn die Anlageberatungsgesellschaft insolvent, liquidiert, vermögenslos oder aus sonstigen Gründen zahlungsunfähig ist. Wenden Sie sich auch gerne an uns, wenn Sie Informationen zu den rechtlichen Voraussetzungen der Durchgriffshaftung auf den Geschäftsführer oder die Geschäftsführerin benötigen, z.B. weil ein insolventes Anlageberatungsunternehmen Ihre Vertragspartnerin ist.

Anwaltliches Vorgehen gegen Finanzberater auf Schadensersatz

Gerne berät unsere Fachanwaltskanzlei DR. GÄBHARD RECHTSANWALTSKANZLEI Sie umfassend zu den rechtlichen Möglichkeiten auf Schadensersatz gegenüber Ihrem Finanzberater/Ihrer Finanzberaterin oder Ihrem Finanzvermittler bzw. Ihrer Finanzvermittlerin sowie je nach den Voraussetzungen im Einzelfall zu persönlich haftenden Verantwortlichen im Konzern der Anbieterseite und/oder zu weiteren Haftungsträgern. Weiterführende Informationen zur Haftung von Finanzdienstleistungsunternehmen auf Schadensersatz bei Falschberatung und/oder mangelhafter Vermittlung finden Sie auf unserer Webseite hier zum Kapitalanlagerecht:

https://www.gaebhard.de/rechtsgebiete/kapitalmarktrecht/

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